Kaum Standortkonzentration bei der NRW-Krankenhausreform? Minister Laumann widerspricht

Berlin – In der Diskussion um eine bundesweite Krankenhausreform zählen die Vorarbeiten in Nordrhein-Westfalen (NRW) zu den geplanten Leistungsgruppen als Vorreiter und sind zum Anschauungsobjekt geworden, wie die Pläne auch in anderen Bundesländern funktionieren könnten.
Für das bevölkerungsreichste Bundesland liegen nun erste Daten für die Zuordnung der Leistungsgruppen vor. In einer Unterrichtung an den Landtag in NRW wird deutlich, welche Standorte künftig welche Leistungsgruppen anbieten wollen.
Die Analyse der Daten „lassen Zweifel aufkommen, ob das Ziel einer stärkeren Zentralisierung der Leistungsgruppen an weniger Standorten erreicht werden kann“, schreiben die Wissenschaftler Christian Karagiannidis, Alexander Haering, Boris Augurzky und Reinhard Busse in einem aktuellen Beitrag für das Deutsche Ärzteblatt (Ausgabe 44).
In ihrer Analyse der öffentlich zugänglichen Daten zeige sich, dass „beispielsweise bei der geplanten Leistungsgruppe Ösophaguseingriffe an den 28 vorgeschlagenen Standorten nur neun die aktuelle Mindestmenge erreichen.“
Nur diese neun Standorte verfügten über die Zertifizierung als Speiseröhrenzentrum. „Bei Pankreaseingriffen liegen bei 15 von 68 Standorten sogar die konsentierten Mengen unterhalb der Mindestmenge – und zertifizierte Bauchspeicheldrüsenzentren gibt es nur an 25 Standorten“, schreiben die Autoren.
Ihr Fazit zum derzeitigen Planungsstand: „Nach den vorläufigen Zahlen schöpft die NRW-Krankenhausplanung das Potenzial zur Zentralisierung von Leistungsgruppen insbesondere hoch spezialisierter Leistungen noch nicht aus“, so die Forscher.
„Es könne sogar dazu kommen, dass es nach Abschluss der neuen Planung mehr Leistungsgruppenstandorte gibt als zuvor“, befürchten die drei Mitglieder der Regierungskommission Karaiannides, Agurzky und Busse.
„Gründe hierfür liegen in den niedrigen Mindeststrukturvoraussetzungen an die Leistungsgruppen sowie den neuen Kooperationsmöglichkeiten, bei denen Leistungen erbracht werden dürfen, obwohl die entsprechende Fachdisziplin nicht am Standort vorhanden ist.“
Diesen Sorgen tritt der zuständige Minister für Gesundheit in NRW, Karl-Josef Laumann (CDU), entschieden entgegen: „Wer das behauptet, hat den Krankenhausplan nicht verstanden“, sagt Laumann dem Deutschen Ärzteblatt.
Noch sei keine Entscheidung oder auch keine vorläufige Entscheidung für die Zuteilung von Leistungsgruppen getroffen. Die vorliegenden Zahlen seien die Ergebnisse der Verhandlungen von Krankenhäusern, Kassen und den Bezirksregierungen. Diese legten dann einen Vorschlag für ein regionales Planungskonzept vor.
„Die Letztentscheidung über die Versorgungsaufträge der Krankenhäuser trifft das Ministerium. Und diese Entscheidung wird erst Ende 2024 vorliegen“, sagt Laumann dem Deutschen Ärzteblatt. Man habe die Zahlen bewusst bereits veröffentlicht, um für Transparenz zu sorgen.
„Wer sich aus diesem Zwischenstand, auf Grundlage dieses Kassenvotums nun schon eine abschließende Bewertung über die Krankenhausplanung zutraut, der hat das Verfahren in Nordrhein-Westfalen nicht verstanden oder will bewusst einen politischen Punkt setzen.“
In NRW sollen mit dem neuen Krankenhausplan 330 Krankenhäuser und sechs Unikliniken auf die Zukunft vorbereitet werden, so Laumann. „Der Plan hat in erster Linie zum Ziel, für Qualität der Versorgung zu sorgen.“ Für Nordrhein-Westfalen stelle er sich nicht das skandinavische oder niederländische Modell mit wenigen zentralen Klinken vor.
„Die Coronapandemie hat doch auch ganz klar gezeigt, welchen Wert eine flächendeckende Krankenhausversorgung mit Intensivmedizin hat“, so Laumann weiter. Man dürfe die gewachsenen Krankenhausstrukturen fortentwickeln, aber nicht zerschlagen.
„Ich habe manchmal den Eindruck, dass einige Stimmen aus der Wissenschaft genau das wollen, ohne aber eine Idee davon zu haben, wie dies konkret politisch durchgesetzt oder finanziert werden soll.“
Laumann ist überzeugt, dass die Krankenhäuser die Reform brauchen. Auch auf Bundesebene ist ihm am „Erfolg der Reform gelegen“, wie er betont. „Wenn Bund und Länder diese Chance vertun, wird sich lange niemand mehr an eine Krankenhausreform wagen und der Markt wird den Krankenhaussektor ‚ungeregelt‘ reformieren. Das können wir nicht wollen.“
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