Kaum wissenschaftliche Belege für gesundheitliche Vorteile von Fitnesstrackern und Co

Berlin – Geräte und Technologien zur Selbstvermessung wie Gesundheits-Apps oder Fitnessarmbänder sollen die Gesundheit verbessern – bislang fehlen hierfür aber in der Regel konkrete wissenschaftliche Belege. Das berichtet Nils Heyen vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI). Heyen leitet dort das Projekt „Quantified Self“. Es befasst sich mit Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung mit den Auswirkungen von sogenannten Quantified-Self-Technologien. Die Arbeitsgruppe hat ihre Ergebnisse jetzt in einem Papier „Digitale Selbstvermessung und Quantified Self – Potenziale, Risiken und Handlungsoptionen“ zusammengefasst. Die Ergebnisse beruhen unter anderem auf Interviews mit Akteuren aus der Quantified-Self-Community, der Wissenschaft und der Medizin.
„Das Wissen über die eigene Gesundheit und den eigenen Körper könnte durch Selbstvermessung gestärkt werden. Darüber hinaus sind Fortschritte in Medizin und Wissenschaft möglich, wenn etwa die entsprechenden Daten zur Krankheitsdiagnose oder zur Individualisierung von Therapien sinnvoll genutzt werden können“, umreißt Heyen mögliche positive Auswirkungen des Trends zur Selbstvermessung.
Gleichzeitig warnen die Wissenschaftler, dass die neuen Technologien Risiken wie „Überwachungs-, Diskriminierungs- und Stigmatisierungspotenziale“ mit sich bringen. „Besonders kritisch wäre, wenn Institutionen wie Versicherungen, Arbeitgeber oder Banken Zugriff auf sensible personenbezogene Körper- oder Gesundheitsdaten bekämen und dies entsprechend ausnutzten“, heißt es aus der Arbeitsgruppe. Aber auch mangelnde Qualität von Geräten und Fehlinterpretationen der erhobenen Daten seien problematisch.
Die Gruppe leitet daraus Handlungsaufforderungen an die Politik ab: So sei es notwendig, die Auswirkungen von Selbstvermessungstechnologien wissenschaftlich gründlicher erforschen zu lassen. Es sei außerdem zu klären, wie Bürger die Kontrolle über die von ihnen produzierten Daten in der Praxis tatsächlich behalten könnten. Politik und Wissenschaft sollten außerdem Standards für eine hohe Datenqualität schaffen und entsprechende Zertifizierungsverfahren einrichten.
Nach Auffassung der Autoren ist es zudem um die „Gesundheits- und Datenkompetenz in der Bevölkerung“ schlecht bestellt. Hier seien auch und vor allem Ärzte gefragt: „Generell sollte die Ärzteschaft ihren Patienten bei der Interpretation der gesammelten Daten helfen, um daraus für den Alltag die richtigen Schlüsse zu ziehen“, fordert die Arbeitsgruppe.
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