Ärzteschaft

Kinder- und Jugendärzte gegen Zwangstests zur Altersbestimmung bei Flüchtlingen

  • Donnerstag, 4. Januar 2018
Über die radiologische Untersuchung des Handwurzelknochens und der Hand lässt sich das etwaige Alter eines Menschen bestimmen. /dpa
Über die radiologische Untersuchung des Handwurzelknochens und der Hand lässt sich das etwaige Alter eines Menschen bestimmen. /dpa

Osnabrück – Vertreter der Kinder- und Jugendärzte haben sich gegen Forderungen nach verpflichtenden Untersuchungen zur Altersbestimmung von Flüchtlingen gewandt. Ein solches Vorgehen sei medizinisch schwierig und organisatorisch kaum zu bewältigen, sagte der Präsident des Verbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Thomas Fischbach, der Neuen Osnabrücker Zeitung. Bei der Röntgenuntersuchung von Handknochen sei eine entwicklungsabhängige Spanne von etwa zwei Jahren nach oben oder unten zu berücksichtigen.

In Grenzfällen müsse zur Klärung der Frage der Volljährigkeit neben einer radiolo­gischen Diagnostik eine entwicklungspsychologische Einschätzung erfolgen, sagte Fischbach weiter. Gegebenenfalls müsse dabei ein Dolmetscher herangezogen werden. „Als niedergelassene Ärzte sind wir froh, wenn wir unsere regulären Patienten versorgt bekommen“, verwies Fischbach auf den damit verbundenen Aufwand. „Wir wollen nicht noch weitere Aufgaben in staatlicher Verantwortung übernehmen müssen, die außer­halb unserer Zuständigkeit liegen.“

De Maizière für Altersbestimmung

Rein rechtlich hält der BVKJ Pflichttests allerdings für möglich. Wenn es ein hinreichen­des Interesse des Staates etwa zur Strafverfolgung gebe, ließe sich eine verpflichtende Untersuchung „gesetzlich fraglos regeln“, sagte der Verbandspräsident. Für ein entspre­chendes Vorgehen gebe es durchaus Beispiele.

Gestern hatte sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) dafür ausgespro­chen, unter Umständen ärztliche Untersuchungen vorzunehmen, wenn kein offizielles Personaldokument vorliegt. Dafür solle das Sozialgesetzbuch geändert werden. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, hatte dies dagegen abgelehnt und als „Eingriff in das Menschenwohl“ bezeichnet.

Nach der tödlichen Messerattacke auf eine 15-Jährige im rheinland-pfälzischen Kandel war eine Debatte über flächendeckende Alterstests bei jungen Flüchtlingen ausgebro­chen. Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich der Polizei zufolge um einen Asylbewerber aus Afghanistan, der im Frühjahr 2016 unbegleitet nach Deutschland kam. Er soll 15 Jahre alt sein, es gibt aber Zweifel an seinem Alter.

dpa

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung