Kinder- und Jugendärzte gegen Zwangstests zur Altersbestimmung bei Flüchtlingen

Osnabrück – Vertreter der Kinder- und Jugendärzte haben sich gegen Forderungen nach verpflichtenden Untersuchungen zur Altersbestimmung von Flüchtlingen gewandt. Ein solches Vorgehen sei medizinisch schwierig und organisatorisch kaum zu bewältigen, sagte der Präsident des Verbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Thomas Fischbach, der Neuen Osnabrücker Zeitung. Bei der Röntgenuntersuchung von Handknochen sei eine entwicklungsabhängige Spanne von etwa zwei Jahren nach oben oder unten zu berücksichtigen.
In Grenzfällen müsse zur Klärung der Frage der Volljährigkeit neben einer radiologischen Diagnostik eine entwicklungspsychologische Einschätzung erfolgen, sagte Fischbach weiter. Gegebenenfalls müsse dabei ein Dolmetscher herangezogen werden. „Als niedergelassene Ärzte sind wir froh, wenn wir unsere regulären Patienten versorgt bekommen“, verwies Fischbach auf den damit verbundenen Aufwand. „Wir wollen nicht noch weitere Aufgaben in staatlicher Verantwortung übernehmen müssen, die außerhalb unserer Zuständigkeit liegen.“
De Maizière für Altersbestimmung
Rein rechtlich hält der BVKJ Pflichttests allerdings für möglich. Wenn es ein hinreichendes Interesse des Staates etwa zur Strafverfolgung gebe, ließe sich eine verpflichtende Untersuchung „gesetzlich fraglos regeln“, sagte der Verbandspräsident. Für ein entsprechendes Vorgehen gebe es durchaus Beispiele.
Gestern hatte sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) dafür ausgesprochen, unter Umständen ärztliche Untersuchungen vorzunehmen, wenn kein offizielles Personaldokument vorliegt. Dafür solle das Sozialgesetzbuch geändert werden. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, hatte dies dagegen abgelehnt und als „Eingriff in das Menschenwohl“ bezeichnet.
Nach der tödlichen Messerattacke auf eine 15-Jährige im rheinland-pfälzischen Kandel war eine Debatte über flächendeckende Alterstests bei jungen Flüchtlingen ausgebrochen. Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich der Polizei zufolge um einen Asylbewerber aus Afghanistan, der im Frühjahr 2016 unbegleitet nach Deutschland kam. Er soll 15 Jahre alt sein, es gibt aber Zweifel an seinem Alter.
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