Medizin

Kinderärzte streiten über medizinische Beschneidungen bei Jungen

  • Freitag, 22. März 2013

Kopenhagen – Europäische Kinderärzte bezweifeln, dass eine sogenannte medizinische Beschneidung bei Jungen sinnvoll ist. In einer aktuellen Stellungnahme in der Zeitschrift Pediatrics (http://dx.doi.org/10.1542/peds.2012-2896) widersprechen sie der Haltung der American Academy of Pediatrics (AAP).

Diese hatte Ende des vergangenen Sommers einen Report veröffentlicht, nach dem die Beschneidung der Penisvorhaut medizinisch sinnvoll ist. Die Krankenversicherungen sollten den Eingriff daher übernehmen. Laut der Zeitschrift Nature, die über den Report berichtete (http://dx.doi.org/10.1038/488568a) wird die Empfehlung von solch gewich­tiger Stelle wie der AAP die Beschneidungsraten in den USA steigern.

Schon jetzt lägen sie bei 55 Prozent und damit höher als in den meisten anderen Ländern. „Der medizinische Vorteil überwiegt die Risiken den Eingriffs“, fasste Douglas Diekema von der University of Washington, Seattle, Ende August 2012 die Haltung der AAP zusammen.

Dem treten jetzt europäische Kinderärzte entgegen. Die Autoren um den dänischen Pädiater Morten Frisch sehen in der Literatur keine Belege für eine grundsätzliche Empfehlung zur medizinischen Beschneidung. Im Gegenteil: Für Außenstehende – also Nicht-Amerikaner – sei der „Cultural Bias“ in der AAP-Stellungnahme offensichtlich. Die Schlussfolgerungen des US-amerikanischen Reports befänden sich im Gegensatz zu jenen in Europa, Canada und Australien.

Laut Frisch und den übrigen Mitautoren sind die Belege für einen Schutz vor HIV-Ansteckung oder Peniskrebs in den verfügbaren Studien nicht eindeutig oder zu schwach, um damit einen chirurgischen Eingriff zu rechtfertigen. Zudem seien die diskutierten Zusammenhänge in westlichen Industrienationen mit hohem Hygiene­standard und problemlosem Zugang zu Kondomen kaum von Bedeutung. Beschnittene Säuglinge litten im ersten Lebensjahr lediglich seltener an Harnwegsinfektionen. Die könne man aber problemlos mit Antibiotika auch ohne Amputation gesunden Gewebes behandeln, so die europäischen Pädiater.

hil

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