Vermischtes

Knapp ein Drittel der Deutschen besitzt Organspendeausweis

  • Mittwoch, 1. Juni 2016
Uploaded: 01.06.2016 15:49:24 by lode
Dank Organspendeausweis lässt sich schon zu Lebzeiten eine Entscheidung für oder gegen eine Organspende nach dem eigenen Tod treffen. /KfH

Berlin – 81 Prozent der Deutschen stehen dem Thema Organ- und Gewebespende positiv gegenüber, aber mit 32 Prozent besitzt noch nicht einmal ein Drittel einen Organ­spendeausweis. Das zeigt die neue bundesweite Repräsentativbefragung „Einstellung, Wissen und Verhalten der Allgemeinbevölkerung zur Organ- und Gewebespende in Deutschland 2016“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Die Bundeszentrale befragte dafür 4.002 Bürgern im Alter von 14 bis 75 Jahren.

„Ich wünsche mir, dass noch mehr Menschen in Deutschland eine bewusste Entschei­dung treffen und in einem Organspendeausweis festhalten. Denn diese Entscheidung kann Leben retten“, sagte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zum Tag der Organspende am kommenden Samstag.

Wer einen Organspendeausweis besitzt, der hat sich laut der Umfrage zumeist zuguns­ten einer Einwilligung entschieden: 74 Prozent derer, die eine Entscheidung getroffen haben, stimmen einer Organ- und Gewebespende nach dem Tod zu, 18 Prozent widersprechen ihr, vier Prozent übertragen die Entscheidung auf eine andere Person und ebenso viele machen eine andere Angabe.

Auf die Frage nach den Motiven für eine Organ- und Gewebespende sagen 77 Prozent, dass sie anderen Menschen helfen wollen. 27 Prozent der Befragten lehnen eine Organ- und Gewebespende ab, weil sie glauben, als Spender nicht geeignet zu sein. 20 Prozent äußern Angst und Unsicherheit gegenüber der Organentnahme und 19 Prozent fehlt das Vertrauen in das Organspendesystem. Die Personen, die noch keine Entscheidung getroffen haben, begründen dies damit, dass sie sich zu wenig mit dem Thema beschäftigt hätten.

„Mehr als 10.000 Menschen warten in Deutschland auf ein neues Organ. Vor diesem Hintergrund kommt der Aufklärungsarbeit zur Organ- und Gewebespende eine große Bedeutung zu“, sagte die Leiterin der BZgA, Heidrun Thaiss. Auch wenn sich inzwischen mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent) sehr gut oder gut informiert fühlten, so wünschten sich 42 Prozent mehr Informationen zu dem Thema.

Von den über 10.000 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan warten rund 7.800 chronisch nierenkranke Patienten auf eine neue Niere. Das berichtet das Kura­torium für Dialyse und Nierentransplantation (KfH). Danach gab es 2015 bundesweit 2.195 Nierentransplantationen, davon 645 nach einer Nieren-Lebendspende. Die Wartezeit beträgt laut KfH durchschnittlich zwischen sechs und acht Jahren.

Auch die Wartezeit auf ein Spenderherz kann Jahre dauern. Darauf weist das Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, hin. Für hochdringlich gelistete Patienten beträgt die Wartezeit auf ein Spenderherz dem Zentrum zufolge dagegen rund 100 Tage. Nach Angaben des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages sterben jedes Jahr in Deutschland über 1.000 Menschen, weil kein passendes Organ verfügbar ist.

Seit Jahren ist die Zahl der Organspender in Deutschland kontinuierlich zurückge­gangen. So gab es 2010 noch 1.296 Organspender, die insgesamt 4.205 Organe postmortal spendeten. 2012 wurden an einigen deutschen Universitätskliniken Manipulationen im Zusammen­hang mit der Zuteilung von Lebertransplantaten an Patienten bekannt. Das führte zu einem massiven Vertrauensverlust in das System. Die Zahl der Organspenden ging daraufhin stark zurück. Im Jahr 2014 wurden 864 Personen 2.989 Organe entnommen. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland damit im unteren Bereich: 2014 spendeten pro eine Million Einwohner postmortal 10,7 Menschen ihre Organe, während es in Spanien 35,1 und in Kroatien 35,9 Spender waren.

Politik und Ärzteschaft haben seit 2012 das System der Organspende umfassend reformiert. Damals hatte die Bundesärztekammer schärfere Kontrollen und ein „Mehr­augenprinzip“ in den Richtlinien zur Transplantationsmedizin verankert und damit Verein­barungen von Bund, Ländern und maßgeblichen Akteuren der Transplan­tations­medizin umgesetzt. Demnach soll eine interdisziplinäre Transplantations­konferenz am jeweiligen Behandlungszentrum entscheiden, ob ein Patient auf die Warteliste aufge­nommen wird. Die Krankenkassen wurden verpflichtet, jeden Bürger regelmäßig über Organspenden aufzuklären. Außerdem müssen alle Kliniken mit Intensivstation einen Transplantations­be­auftragten ernennen. Der Bundestag beschloss zudem im Juni 2013, dass Ärzte, die Manipulationen an Wartelisten vornehmen, eine „Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe“ erwartet.

Der seit 1983 stattfindende Tag der Organspende soll zeigen, was nüchterne Zahlen nicht abbilden können, betont die Deutsche Stiftung Organtransplantation. Er sei ein Tag des Dankes und zugleich ein Tag der Hoffnung für die Patienten, die immer noch auf ein Organ warteten.

hil

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