Politik

Koalition über Einigung bei Selbstbestimmungs­gesetz zufrieden

  • Montag, 27. März 2023
Marco Buschmann und Lisa Paus bei der Bundespressekonferenz am 30.06.2022 in Berlin zur Vorstellung des Eckpunktepapiers zum Selbstbestimmungsgesetz im Haus der Bundespressekonferenz./picture alliance, Geisler-Fotopress, Frederic Kern
Marco Buschmann und Lisa Paus bei der Vorstellung des Eckpunktepapiers zum Selbstbestimmungsgesetz /picture alliance, Geisler-Fotopress, Frederic Kern

Berlin – Nach der Einigung auf einen Referentenentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz zeigen sich die ver­antwortlichen Regierungsmitglieder, Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), zufrieden.

Paus erklärte gestern, das neue Gesetz solle „endlich die Würde der Betroffenen“ berücksichtigen. Vorgestern war bekannt geworden, dass sich die Regierung über noch offene Fragen für die geplante vereinfachte Ände­rung von amtlichem Geschlechtseintrag und Vornamen verständigt hatte.

Demnach sollen Trans-, intergeschlechtliche und nicht binäre Menschen nur noch eine einfache Selbstaus­kunft beim Standesamt abgeben müssen, wenn sie den Vornamen oder den Geschlechtseintrag im Personen­standsregister ändern wollen. Bisher müssen Betroffene für eine Änderung der Einträge zwei psychologische Gutachten einreichen. Dann entscheidet das zuständige Amtsgericht.

Buschmann erklärte, das Selbstbestimmungsgesetz werde „das große Versprechen einlösen, das wir im Koali­tionsvertrag gegeben haben: Das Gesetz wird es trans-, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen erleichtern, ihren Geschlechtseintrag beim Standesamt ändern zu lassen.“

Die Einigung zwischen dem Familien- und dem Justizministerium sieht einem Bericht der Süddeutschen Zeitung (SZ) zufolge unter anderem vor, dass eine Geschlechtsänderung im Personenstandsregister bei Min­derjährigen unter 14 Jahren nur von den Sorgeberechtigten beantragt werden können soll. Bei Jugendlichen ab 14 Jahren und einem Konflikt mit den Eltern soll demnach ein Gericht entscheiden, wenn das Kindeswohl gefährdet ist.

Drei Monate Bedenkezeit

Vorgesehen ist laut SZ auch eine Bedenkzeit. Erst drei Monate nach dem Antrag auf Geschlechtsänderung beim Standesamt soll die Entscheidung tatsächlich wirksam werden. Eine erneute Änderung des Geschlechts­eintrags soll laut dem Bericht frühestens nach einem Jahr möglich sein. Zudem wurde demnach zusätzlich ein Passus zur Präsenz von transgeschlechtlichen Personen in geschützten Frauenräumen eingefügt. Dort soll unabhängig vom Geschlechtseintrag im Pass wie bisher das Hausrecht gelten.

Buschmann kündigte an, dass der Öffentlichkeit aller Voraussicht nach schon „sehr bald“ ein fertiger Gesetz­entwurf vorgestellt werden könne. „Vom Selbstbestimmungsgesetz profitieren werden alle, deren Geschlechts­identität abweicht von dem Geschlechtseintrag, der im Personenstandsregister für sie eingetragen ist“, sagte der Justizminister.

Zugleich sei es wichtig, dass das Gesetz „die legitimen Interessen der gesamten Gesellschaft“ in den Blick nehmen solle. „Hausrecht und Vertragsfreiheit müssen deshalb gewahrt bleiben; Möglichkeiten des Miss­brauchs – und seien sie noch so fernliegend – müssen ausgeschlossen sein.“

Paus kündigte an, dass die Ressortabstimmung des Gesetzesentwurfs noch vor Ostern starten solle. Danach solle es zügig in die Verbändeanhörung gehen. „Dann liegt es am Bundestag, das Selbstbestimmungsgesetz zu beraten und zu beschließen.“

Die Ministerin sprach von einem „entscheidenden Schritt“ zur Abschaffung des gut 40 Jahre alten Transsexu­ellengesetzes „mit seiner Herabwürdigung und Diskriminierung von Trans*menschen“. Die „herabwürdigenden, teuren und langwierigen Zwangsbegutachtungen“ fielen weg „und der Geschlechtseintrag im Personen­stands­register kann durch eine einfache Erklärung geändert werden“, fasste Paus zusammen.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Tessa Ganserer begrüßte die Einigung. Die Koalition löse ein „zentrales gesellschaftspolitisches Versprechen“ ein, nämlich dass die Grund- und Menschenrechte von transgeschlecht­lichen, intergeschlechtlichen und nonbinären Menschen in Deutschland gewahrt würden, sagte sie. „Langwie­rige, teure und oft auch demütigende Verfahren, in denen sich transgeschlechtliche Menschen übergriffige Fragen in Zwangsbegutachtungen über sich ergehen lassen mussten, gehören dann der Vergangenheit an.“

Auch der queerpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jan Plobner, sagte: „Wir begrüßen als SPD-Fraktion ausdrücklich, dass es mit dem Selbstbestimmungsgesetz jetzt endlich vorangeht.“ Menschenun­wür­dige Verfahren bei der Änderung eines einfachen Geschlechtseintrages müssten „und werden bald der Ver­gangenheit angehören.“

afp

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