Krankengeld auch nach Bescheinigungsfehler des Arztes
Kassel – Versäumnisse eines Arztes bei der Bescheinigung andauernder Arbeitsunfähigkeit dürfen nicht zum Verlust des Anspruchs auf Krankengeld führen. Das entschied das Bundessozialgericht (BSG) heute in Kassel. Die Krankenkasse stehe dann weiter in der Pflicht (Az: B 3 KR 22/15 R).
Krankengeld wird von den Krankenkassen gezahlt, wenn eine Krankheit über die sechswöchige Lohnfortzahlung des Arbeitgebers hinaus andauert. Bei einer Lücke in den ärztlichen Bescheinigungen ruht der Anspruch. Haben kranke Arbeitnehmer unterdessen allerdings ihren Job verloren, geht der Krankengeldanspruch durch eine verspätete Folgebescheinigung ganz verloren.
Im Streitfall hatte eine wegen Depressionen krankgeschriebene Patientin rechtzeitig ihren Hausarzt aufgesucht. Der stellte jedoch keine Folgebescheinigung aus, sondern verwies auf den Facharztbesuch der Patientin am nächsten Tag. Nach dem damals geltenden Recht war die Bescheinigung dadurch einen Tag verspätet. Da die Frau zwischenzeitlich ihre Arbeit verloren hatte, stellte die Krankenkasse ihre Zahlungen ganz ein.
Wie nun der 3. Senat des Bundessozialgerichts entschied, ist die Kasse aber weiter in der Pflicht. Die Patientin habe alles ihr Mögliche für eine rechtzeitige Folgebescheinigung getan. Der Irrtum des Arztes dürfe ihr nicht angelastet werden. Auch der Arzt müsse nicht haften, denn nach einer zwischen Ärzten und Krankenkassen ausgehandelten AU-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) könne eine Krankschreibung sogar eine Woche zurückwirken.
Dass dies nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht, müsse ein Arzt nicht zwingend wissen. „Die Krankenkassen wirken durch Vertreter an den Beschlüssen im G-BA mit. Deshalb erscheint es treuwidrig, wenn sich die Krankenkassen bei dieser Sachlage trotz ihrer Mitverantwortung für die Richtlinien von ihrer Leistungspflicht befreien könnten“, schreibt das BSG.
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