Krankenhäuser: Noch 1,16 Milliarden Euro für Umstrukturierungen verfügbar

Bonn – Die Bundesländer können für den Umbau der Krankenhauslandschaft und die Umstrukturierung von Kliniken mit Mitteln aus dem Krankenhausstrukturfonds seit 2016 gefördert werden. Neueste Daten zeigen aber: viele Gelder sind noch gar nicht abgerufen worden. Derzeit sind noch mehr als eine Milliarde Euro verfügbar, wie das Bundesamt für soziale Sicherung (BAS) auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes erklärte.
Der Behörde zufolge stehen den Bundesländern noch rund 1,16 Milliarden Euro für ländereigene und 94,4 Millionen Euro für länderübergreifende Vorhaben zur Verfügung. Die Mittel müssen noch bis zum 31. Dezember 2024 beantragt werden. Die Förderungen des Krankenhausstrukturfonds sollen zur Verbesserung der Strukturen in der Krankenhausversorgung beitragen. Die verfügbaren Mittel wurden durch verschiedene Gesetze seit 2016 immer wieder aufgestockt. Bis zu zwei Milliarden Euro sind bis Ende 2024 vorgesehen.
Die Bundesländer haben mit Stand vom 6. Mai 2024 Fördermittel in Höhe von 807,8 Millionen Euro für ländereigene Vorhaben sowie 5,4 Millionen Euro für länderübergreifende Vorhaben beantragt, erklärte das BAS weiter. Die 5,4 Millionen Euro sind bereits vollständig ausgezahlt worden. Für die ländereigenen Vorhaben sind 663,8 Millionen Euro geflossen.
Die Bundesländer hatten im Zuge der geplanten Krankenhausreform immer wieder eine schnellere Auszahlung des geplanten Transformationsfonds gefordert, der Umstrukturierungen im Krankenhausbereich unterstützen soll. Allerdings zeigen die Zahlen des BAS, dass noch viele Mittel im Krankenhausstrukturfonds für ähnliche Umstrukturierungen verfügbar sind.
Das BAS erklärte, dass erst so wenig Geld abgerufen worden ist, weil die Länder eventuell ihren Fokus auf den nachfolgendenden Krankenhauszukunftsfonds gelegt haben könnten. Dieser umfasst ein Fördervolumen von bis zu 4,3 Milliarden Euro und sollte vor allem eine Verbesserung der digitalen Infrastruktur ermöglichen. Die Bundesländer mussten entsprechende Fördervorhaben bis zum 31. Dezember 2021 beantragen.
„Hierfür spricht, dass zuletzt die Zahl der Anträge im Rahmen des Krankenhausstrukturfonds angestiegen ist“, sagte der BAS-Sprecher weiter. Zudem müssen die Länder entsprechende Anträge mit den Kostenträgern, also den Krankenkassen, abstimmen und sich zu mindestens 50 Prozent an der Förderung aus dem Strukturfonds beteiligen.
Interessant ist, dass einige Bundesländer noch gar keine bis kaum Anträge bezüglich des Strukturfonds gestellt haben. Thüringen etwa hat noch keinen Antrag gestellt. Aufgrund der Verteilung des Königsteiner Schlüssels, stehen für ländereigene Vorhaben in Thüringen 50,8 Millionen Euro zur Verfügung.
Zurückzuführen sei dies vor allem auf die Ziele des Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG) von Dezember 2015, das die Grundlage für den Fonds bildet, wo für den Hauptteil der Fördertatbestände als eine entscheidende Bewilligungsvoraussetzung der Nachweis über den Abbau von stationären Versorgungskapazitäten bestimmt werde, schreibt eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums Thüringen. „Diese Faktoren erschweren die Entwicklung förderfähiger Vorhaben in Thüringen und schließlich die Antragsstellung beim Bund erheblich.“
Strukturelle Veränderungen bereits vorgenommen
In Thüringen habe es um die Jahrtausendwende bereits große strukturelle Veränderungen in der Krankenhausversorgung gegeben. Im Ergebnis sei ein bedarfsgerechtes und qualitativ hochwertiges stationäres Versorgungsangebot für die Bevölkerung entstanden.
Daher lassen sich seitens der Krankhausträger kaum Projekte definieren, die den Anforderungen des Strukturfonds gerecht werden, anders als beispielsweise in anderen Bundesländern, die Prozesse, wie die oben genannte Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft, mit Hilfe des KHSG vollziehen, heißt es aus Thüringen.
Die Fördertatbestände des Strukturfonds zum Umbau von Notfallaufnahmen, beispielsweise der Errichtung von integrierten Notfallzentren (INZ) und zur Errichtung/Erweiterung von Krankenpflegeschulen an Krankenhäusern werde Thüringen entsprechende Anträge voraussichtlich bis zum Halbjahr 2024 einreichen, kündigte die Sprecherin an. Beim Krankenhauszukunftsfonds habe Thüringen zudem viele Anträge gestellt, hier gab es einen größeren Bedarf in Bezug auf Strukturmaßnahmen.
Rheinland-Pfalz hat ebenfalls noch kaum Anträge gestellt, bis zu 91,7 Millionen Euro stehen dem Land zur Verfügung. Das Land werde bis Ende 2024 entsprechende Anträge stellen und die zustehenden Fördermittel ausschöpfen, erklärte ein Sprecher des dortigen Gesundheitsministeriums.
NRW: Konzentrationsprojekte und KRITIS-Anträge geplant
Auch Nordrhein-Westfalen (NRW) hat bislang erst rund 23 Prozent seines verfügbaren Anteils beantragt. Für das westdeutsche Land stehen 400,9 Millionen Euro zur Verfügung. In Nordrhein-Westfalen gibt es viele Ballungsgebiete mit stationärer Überversorgung sowie ländliche Regionen, in der die flächendeckende Versorgung teils schwierig ist. NRW will aber die zur Verfügung stehenden Bundesmittel nahezu vollständig abrufen, heißt es vonseiten des Gesundheitsministeriums in Düsseldorf.
„Nach aktuellem Stand werden insgesamt sechs Konzentrationsprojekte und 27 KRITIS-Anträge (zur Anpassung der Informationstechnik von Krankenhäusern, die zur kritischen Infrastruktur zählen) für eine Förderung aus Mitteln des Strukturfonds verfolgt“, erklärte eine Pressesprecherin. Für vier Konzentrationsprojekte wurden Anträge eingereicht, der Rest befindet sich noch in der Vorbereitung.
Die Verzögerung erklärt NRW auch mit der Vorgabe, dass die Krankenhausträger für geplante Bauvorhaben bereits umfangreiche und schon konkrete Planungsunterlagen vorlegen müssen. „Hinzu kommt, dass aufgrund des gestiegenen Baupreisindexes bei einigen Vorhaben Änderungen der Planungen erforderlich geworden sind. Aus diesem Grund nimmt die Vorbereitung der Anträge für die Antragstellung beim Bundesamt für Soziale Sicherung viel Zeit in Anspruch“, so die Sprecherin aus NRW.
Berlin hat ebenfalls bislang kaum Mittel beantragt. 96,6 Millionen Euro stehen dem Stadtstaat allerdings zu. Der Senat prüfe derzeit fünf Maßnahmen, die bis Ende 2024 beim BAS beantragt werden sollen, erklärte ein Sprecher der Senatsverwaltung für Gesundheit in Berlin.
Allerdings seien lediglich Ländermittel von 49,3 Millionen Euro für den Doppelhaushalt 2024/2025 für die benötigte Ko-Finanzierung bis 2027 vorgesehen, erklärte der Sprecher weiter. Das bedeutet, dass Berlin voraussichtlich nur die Hälfte der Bundesmittel abrufen kann.
Projekte müssen zeitnah umgesetzt werden
In Schleswig-Holstein ist zudem ein Sonderfall eingetreten. Die gesamte Fördermittelsumme von 64,8 Millionen Euro wurde bereits beantragt, allerdings wieder zurücküberwiesen, zeigt eine Übersicht des BAS, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt.
„Schleswig-Holstein hatte Ende 2023 den – bereits bewilligten – Antrag zurückgenommen, da die vorgesehenen Umsetzungsfristen für das damit geplante Großprojekt Zusammenschlusses von Diako Krankenhaus Flensburg und St. Franziskus Hospital Flensburg zu knapp bemessen waren“, erklärte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Kiel.
Mit dem BAS sei ein neuer Zeitplan verabredet worden, die Mittel bleiben für das Land reserviert. Schleswig-Holstein plane deshalb, erneut einen Antrag für das große Fusionsprojekt in Flensburg zu stellen.
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Den Krankenhausstrukturfonds gemäß Paragraf 12a Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) gibt es seit dem 1. Januar 2016. Er diente zunächst vor allem dem Abbau von Überkapazitäten, der Konzentration von stationären Versorgungsangeboten und Standorten sowie der Umwandlung von Krankenhäusern in nicht akutstationäre örtliche Versorgungseinrichtungen.
Insgesamt sind bis zum 31. Dezember 2024 Mittel in Höhe von zwei Milliarden Euro verfügbar. Diese stammen zu rund 99 Prozent aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds, die übrigen Mittel werden von der landwirtschaftlichen Krankenkasse aufgebracht.
Antragsberechtigt sind die Bundesländer. 95 Prozent der Mittel sind für Vorhaben in den jeweiligen Ländern vorgesehen, fünf Prozent für länderübergreifende Umstrukturierungen. Die Mittel verteilen sich nach dem Königsteiner Schlüssel mit Stand vom 1. Oktober 2018.
Voraussetzung für die Förderung ist, dass sich die antragstellenden Länder, gegebenenfalls gemeinsam mit der zu fördernden Einrichtung, mit mindestens 50 Prozent der förderfähigen Kosten an dem Vorhaben beteiligen. Das BAS hat die Aufgaben, die Anträge der Länder auf Auszahlung von Fördermitteln aus dem Strukturfonds zu prüfen und die Mittel zuzuweisen.
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