Trotz Kabinettsbeschluss: Krankenhausreform juristisch nicht abschließend geprüft

Berlin – Gestern klang es noch so als wäre die juristische Prüfung der Krankenhausreform durch das Bundesministerium für Justiz beendet. Doch das ist nicht der Fall. Das Haus von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) prüft die Reform weiterhin. Den Kabinettsentwurf hat man nur wegen der Eile durchgewunken.
Beides bestätigte eine Sprecherin des Bundesjustizministerium (BMJ) heute auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes. Demnach hat das BMJ die rechtliche Prüfung der Krankenhausreform noch nicht abgeschlossen.
Trotzdem hatte das Bundeskabinett gestern das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) beschlossen. „Aufgrund der vom Bundesgesundheitsministerium vorgebrachten Eilbedürftigkeit hat das BMJ dem Kabinettsbeschluss gestern dennoch zugestimmt“, erklärte die BMJ-Sprecherin.
Das BMJ sei wie üblich in die Prüfung des KHVVG im Rahmen der Ressortabstimmung eingebunden. „Die rechtsförmliche und rechtssystematische Prüfung des Gesetzentwurfs (Rechtsprüfung gemäß Pararaf 46 Absatz 1 GGO) konnte aufgrund der Kürze der Zeit in der Tat noch nicht abgeschlossen werden und wird nach der gestrigen Kabinettsbefassung fortgesetzt“, sagte die BMJ-Sprecherin.
Auch in einem Schreiben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) an Mitglieder der Bundesregierung, das vor dem gestrigen Kabinettsbeschluss versandt worden war, räumte er die noch fehlende Prüfung ein. Das Schreiben liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor. Die Prüfung solle während des parlamentarischen Verfahrens folgen, heißt es darin.
Dieses Verfahren folgt nach dem Kabinettsbeschluss. Noch vor der Sommerpause soll das Gesetz im Bundestag beraten werden, erklärte Lauterbach gestern ind der Bundespressekonferenz. Unklar ist hingegen, ob das Gesetz der rechtlichen Prüfung des BMJ standhalten kann.
Lauterbach hatte dies gestern auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblatts anders formuliert: „Die verfassungsrechtliche Prüfung, ob das Gesetz zustimmungsfrei oder zustimmungspflichtig ist, haben die beiden dafür zuständigen Ressorts – das Bundesjustizministerium und das Bundesinnenministerium – sehr gründlich vorgenommen.“ Die Reform sei so gestaltet, dass sie bundesratszustimmungsfrei sei, sagte Lauterbach.
Prüfungen gebe es noch bei der medizinisch-pflegerischen Leistung, die sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen eigentlich laut KHVVG künftig anbieten sollen. Hier habe es verfassungsrechtliche Bedenken gegeben, so Lauterbach weiter.
Zur Erklärung: Das KHVVG soll zustimmungsfrei, also ohne die Zustimmung des Bundesrats, in Kraft treten. Fraglich ist aber, ob dies verfassungskonform ist, da die Länder für die Krankenhausplanung zuständig sind.
Bundesrechnungshof: Zu teuer und nicht kalkulierbar
Kritik kommt auch vom Bundesrechnungshof: In einem 26-seitigen Gutachten, das dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt, weist er auf Schwächen der Reform hin. Rechtliche Zweifel bestehen dem Gutachten zufolge vor allem an der geplanten Finanzierung des Transformationsfonds über den Gesundheitsfonds, also über Beiträge der gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland.
Aus Sicht des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung bestehen rechtliche Zweifel an der Zulässigkeit, die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zur Hälfte an der Finanzierung des Transformationsfonds zu beteiligen.
„Die Beitragsbelastung dient nicht der Finanzierung von Leistungen an Dritte außerhalb der Sozialversicherung. Von einer neuen Kliniklandschaft würden indes auch privat Versicherte und Mitglieder anderer Versorgungssysteme profitieren“, heißt es.
Dies hatten insbesondere auch die Krankenkassen kritisiert und vor der Erhöhung von Zusatzbeiträgen gewarnt. Das Gutachten sieht vor allem die Bundesländer in der Pflicht, ihrer Verantwortung der angemessenen Finanzierung von Investitionskosten im stationären Bereich gerecht zu werden. Entsprechend müssten sie Transformationen im Zuge der Reform finanzieren.
Auch die vorgesehene Verteilung der Gelder des Transformationsfonds nach dem Königsteiner Schlüssel (Einwohnerzahl und Steueraufkommen) hält der Bundesrechnungshof nicht für sinnvoll. Stattdessen müssten versorgungsspezifische Indikatoren wie etwa die Morbidität, die Demografie und der Investitionsbedarf der Krankenhäuser berücksichtigt werden.
Zudem spricht sich das Gutachten klar gegen die geplanten Mindestvorhaltezahlen (Vorjahresfälle) aus, die für die Vorhaltevergütung wichtig werden soll. „Dies widerspricht der Erwartung des BMG, Vorhaltevergütungen würden das Streben der Krankenhäuser nach hohen Fallzahlen aus wirtschaftlichen Gründen verringern“, heißt es.
Benötigt würden außerdem mehr länderübergreifende Versorgungsmöglichkeiten, moniert das Gutachten. Allerdings begrüße der Bundesrechnungshof Bestrebungen, Mängel wie etwa Überkapazitäten, Fehlanreize oder eine unzureichende qualitative Ausrichtung der Krankenhausplanung zu beheben und das System der stationären Versorgung effizienter zu machen.
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