Politik

Krankenhäuser sparen 200.000 Tonnen CO2-Äquivalente ein

  • Dienstag, 29. März 2022
/high_resolution, stock.adobe.com
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Berlin – Die rund 250 Krankenhäuser und Rehakliniken, die sich an dem Projekt „KLIK green“ beteiligt haben, werden durch Interventionen voraussichtlich 200.000 Tonnen CO2-Äquivalente (CO2Ä) einsparen. Das geht aus einer Auswertung des Projekts hervor, die heute in Berlin vorgestellt wurde.

Insgesamt werden durch das deutsche Gesundheitswesen etwa 70 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente freigesetzt, wie der Lancet Countdown 2019 errechnet hat. Als CO2-Äquivalente werden alle Treibhaus­gase bezeichnet: neben Kohlenstoffdioxid vor allem Methan, Distickstoffmonoxid und fluorierte Treib­hausgase.

Im Rahmen des durch die Nationale Klimaschutzinitiative geförderten Projekts „KLIK green“ wurden seit November 2019 187 Klimamanager ausgebildet, die in ihren Einrichtungen bis zum Ablauf des Projekts am 30. April 2022 genau 1.640 unterschiedliche Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemis­sio­nen umgesetzt beziehungsweise auf den Weg gebracht haben werden.

Ursprüngliches Ziel war es, in 250 Einrichtungen Klimamanager auszubilden und dadurch 100.000 Ton­nen CO2-Äquivalente einzusparen. Das Projekt wurde vom BUND Berlin, der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen und dem Universitätsklinikum Jena begleitet.

Austausch von Beleuchtung und Belüftungsanlagen

Wie die Projektleiterin Annegret Dickhoff vom BUND Berlin erklärte, konnten die Krankenhäuser die größ­ten CO2Ä-Reduktionen im Bereich Energie erreichen. Durch 338 Maßnahmen, die sich auf die Be­leuchtung oder die Belüftung beziehen, können voraussichtlich etwa 80.000 Tonnen CO2-Äquivalente eingespart werden.

188 Maßnahmen zur Umstellung der Stromerzeugung auf erneuerbare Energien können voraussichtlich 68.000 Tonnen CO2-Äquivalente einsparen. In 84 Maßnahmen wurde die Ernährung im Krankenhaus umgestellt. Dadurch werden voraussichtlich 8.500 CO2-Äquivalente eingespart.

Sämtliche Maßnahmen werden bis Ende April in den teilnehmenden Einrichtungen implementiert sein. Die dadurch erreichte Reduktion von Treibhausgasen wirkt dabei auch in die Zukunft hinein – zum Beispiel durch Sanierungen der Gebäude oder eine Umstellung der Küche auf weniger Fleischkonsum.

Einbau von Narkosegasfiltern

An „KLIK green“ beteiligten sich in erster Linie Klinikbeschäftigte aus der Technik, aber auch aus der Ärz­te­schaft, aus der Pflege und aus der Verwaltung. Eine der beteiligten Ärztinnen ist Stephanie Snyder-Ramos, Fachärztin für Anästhesie am Krankenhaus Salem in Heidelberg.

„Ausgerechnet das Gesundheitswesen verstärkt durch seine Treibhausgasemissionen den Klimawandel und somit den Hitzestress, die Ausbreitung von Infektionskrankheiten und die Zahl von Herzinfarkten“, sagte sie.

„Wir dürfen unsere Aufgabe, kranken Menschen zu helfen, nicht durch Klimakollateralschäden in das Gegenteil verkehren. Und das Zeitfenster, in dem wir das Ausmaß des Klimawandels noch beeinflussen können, schließt sich schneller, als wir es lange gedacht haben.“

Bei „KLIK green“ seien zahlreiche Maßnahmen vermittelt worden, um Treibhausgasemissionen im Kran­ken­haus zu reduzieren. Die Datenbank des Projekts enthalte viele Praxisbeispiele und Ansprechpartner sowie viele Maßnahmen, die sich auf die eigene Einrichtung übertragen ließen.

„Angeregt durch ,KLIK green' haben wir Narkosegasfilter in unseren sieben OP-Sälen implementiert, mit denen die Narkosegase aufgefangen, aufbereitet und wiederverwendet werden“, sagte Snyder-Ramos. Dadurch könnten im Krankenhaus Salem jedes Jahr 300 Tonnen CO2-Äquivalente eingespart werden.

Insgesamt wurden bei „KLIK green“ 22 Maßnahmen implementiert, bei denen im OP auf weniger klima­schädliche Narkosegase umgestellt wurde. Dadurch werden voraussichtlich 22.000 CO2-Äquivalente eingespart.

Krankenhäuser müssen investieren

Dickhoff erklärte, dass von den 1.600 Maßnahmen fast 30 Prozent in die Kategorie „nicht-investiv“ fallen und 40 Prozent in die Kategorie „gering-investiv“. In weiteren 30 Prozent der Fälle mussten die Kranken­häuser investieren, um Treibhausgasemissionen reduzieren zu können.

Bei der Analyse der Maßnahmen zeigte sich, dass die investiven Maßnahmen die größte Reduktion von Treibhausgasemissionen ermöglichten: Mehr als 60 Prozent der Gesamtreduktion wurden durch Maßnah­men erreicht, in die die Krankenhäuser investieren mussten.

Dies zeige, dass eine Investition in den Klimaschutz notwendig sei, betonte Dickhoff. Die Bundesländer kämen ihrer Verpflichtung aber nicht nach, ausreichend Investitionsmittel zur Verfügung zu stellen. Deshalb müsse die Politik jetzt dringend eine Alternative für die derzeitige Investitionsfinanzierung finden.

„Die Zahlen zeigen aber auch, dass knapp 40 Prozent der Reduktionen durch Maßnahmen erreicht wer­den können, die kein oder wenig Geld kosten“, so Dickhoff weiter. Zu den nicht-investiven Maßnahmen zähle dabei, das klimaschädliche Narkosegas Desfluran nicht mehr zu verwenden. Zu den gering-inves­ti­ven Maßnahmen zähle die Einführung eines Jobtickets. Alle Krankenhäuser und Rehaeinrichtungen, die noch nicht damit begonnen haben, rief Dickhoff dazu auf, mit der Reduktion von Treibhausgasemissionen zu beginnen.

Sven Reinhardt, Referatsleiter im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, wies in diesem Zu­sammenhang darauf hin, dass es im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative viele Förderangebote des Staates gebe. Auch die zum Jahresbeginn angelaufene Kommunalrichtlinie beinhalte Fördermöglich­keiten im Bereich Klimaschutz, die kommunale Krankenhäuser beantragen könnten.

Friedhelm Beiteke von der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen betonte abschließend, dass Klimaschutz im Krankenhaus als Führungsaufgabe verstanden werden müsse. „Wenn wir das Ziel Klima­neutralität erreichen wollen, muss eine Klimaschutzstrategie in der Gesamtstrategie des Krankenhauses verankert werden“, sagte er. Leider hätten es viele Klimamanagerinnen und -manager schwer gehabt, die eigene Geschäftsführung davon zu überzeugen, den Klimaschutz als Führungsaufgabe wahrzunehmen.

Die Verbundpartner wollen auch nach Ablauf des Projekts für die Klimamanagerinnen und -manager als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Zudem ist geplant, die Projekte für weitere interessierte Ein­richtungen zu öffnen.

fos

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