Krankenhausreform: Gesundheitsökonom sieht Versorgungsstufen kritisch

Berlin – Die Ampelkoalition plant mit der Krankenhausreform verschiedene Versorgungsstufen einzuführen. Das stößt bei dem Gesundheitsökonom und Lehrstuhlinhaber für Medizinmanagement an der Universität Duisburg-Essen, Jürgen Wasem, auf Kritik.
„Ich bin skeptisch gegenüber Versorgungsstufen“, sagte er heute am Rande einer Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen Krankenhausreports des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Er glaube, dass die Möglichkeit für eine Differenzierung nicht wirklich gut sei. „Wenn wir das zu hart machen, dann machen wir eine kalte Strukturbereinigung, die eigentlich niemand will und die auch nicht angemessen ist.“
Stattdessen halte Wasem Leistungsgruppen und Leistungsbereiche für eine sehr sinnvolle Möglichkeit, differenziert auch die sehr unterschiedlichen regionalen Begebenheiten zu berücksichtigen.
Für die Einführung der Leistungsgruppen sprach sich heute auch die Vorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann aus. Damit „können klare Versorgungsaufträge definiert werden, die auf konkreten Strukturanforderungen aufsetzen und sich an den Bedarfen der Bevölkerung ausrichten“. Ebenfalls skeptisch sieht sie hingegen die vorgeschlagene Aufteilung von Krankenhäusern nach Versorgungsstufen.
Zudem sollten sich Reimann zufolge Krankenhäuser zum Wohle der Patienten stärker auf bestimmte Leistungen konzentrieren. Komplizierte Eingriffe sollten künftig nur noch spezialisierte Einrichtungen vornehmen, forderte Reimann. Darin sieht sie auch das Kernstück der geplanten Krankenhausreform.
Reimann verwies auf Studien wonach es deutlich mehr Überlebenschancen für Krebspatienten gibt, die in zertifizierten Zentren behandelt werden. Demnach könnten etwa 4.700 Sterbefälle innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Diagnose verhindert werden. Dasselbe gelte für Schlaganfallpatienten, die in Krankenhäusern mit Spezialstationen behandelt werden. Die Beispiele zeigten, wie dringlich eine qualitätsorientierte Reform der Krankenhausstrukturen sei. Reimann forderte, deshalb direkt mit der Zuweisung von Leistungsgruppen zu beginnen. Dies verlange allerdings umfangreiche Investitionen von Bund und Ländern.
Geplante Reform sieht Leistungsgruppen und Versorgungsstufen vor
Bei der geplanten Krankenhausreform sind derzeit Leistungsgruppen sowie Versorgungsstufen vorgesehen. Grundlage für die bis zur Sommerpause andauernden Beratungen zwischen Bund und Ländern liefern die Vorschläge der Regierungskommission Krankenhaus.
Diese hatte im Dezember 2022 die Einführung von 128 Leistungsgruppen vorgeschlagen, um dafür zu sorgen, dass Krankenhäuser nur die Fälle behandeln, für die sie eine entsprechende personelle und technische Ausstattung vorhalten können.
Derzeit soll sich die bundesweite Reform aber vor allem am Reformvorhaben Nordrhein-Westfalens orientieren, die derzeit mit 64 Leistungsgruppen planen.
Zudem hat die Kommission drei Versorgungsstufen vorgeschlagen. Auf unterschiedlichen Levels sollen Krankenhäuser demnach verschiedene Abteilungen betreiben und daran geknüpfte Leistungen erbringen dürfen.
Allerdings hatten die Bundesländer in den Beratungen mit dem Bund auf Öffnungsklauseln insbesondere bei Versorgungsstufen bestanden.
Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist inzwischen für Abweichungsmöglichkeiten bei den Stufen, um nach eigener Aussage vorhandene Krankenhausstrukturen nicht kaputt zu machen.
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