Vermischtes

Krankenkassen dürfen nicht pauschal für ärztliche Fernbehandlungen werben

  • Donnerstag, 9. Dezember 2021
/picture alliance, Jan Woitas
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Karlsruhe – Krankenkassen dürfen nicht pauschal „Diagnosen, Therapieempfehlung und Krankschreibung per App“ bewerben. Wie heute der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschied, war die Werbung für Fernbehandlungen bis Ende 2019 ganz verboten und ist auch seitdem nur eingeschränkt erlaubt. Danach muss sich solche Werbung auch heute auf Krankheiten beschränken, bei denen Fernbehandlun­gen als anerkannter Standard gelten (Az: I ZR 146/20).

Damit gab der BGH einer Klage der Wettbewerbszentrale gegen die private Krankenkasse Ottonova statt. Die nach eigenen Angaben „erste komplett digitale Krankenvollversicherung Deutschlands“ bietet seit November 2017 „digitale Arztbesuche“ über eine Smartphoneapp an. Über die App können Versicherte Ärzte in der Schweiz kontaktieren.

„Erhalte erstmals in Deutschland Diagnosen, Therapieempfehlung und Krankschreibung per App“, warb die Krankenkasse ursprünglich auf ihrer Homepage. „Der Arzt-Video-Call bei Ottonova – in der Praxis bewährt und garantiert virenfrei“, hieß es dort am Tag der Karlsruher Urteilsverkündung.

Laut Heilmittelwerbegesetz ist die Werbung für Fernbehandlungen verboten. Seit dem 19. Dezember 2019 sind davon Fernbehandlungen ausgenommen, für die „nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist“.

Der BGH entschied, dass die ursprüngliche Werbung von Ottonova unzulässig war und auch nach der heutigen Gesetzesfassung unzulässig wäre. Ottonova sei daher zur Unterlassung verpflichtet.

Zu Begründung erklärten die Karlsruher Richter, das Gesetz habe zunächst generell „eine eigene Wahr­nehmung“ des Patienten verlangt. Sehen und Hören per Video reichten dafür nicht aus. Gemeint seien auch körperliche Untersuchungen wie Abtasten, Abklopfen und Abhören oder auch Untersuchungen mit Geräten, beispielsweise Ultraschall.

Auch nach der Neuregelung sei die Werbung für Fernbehandlungen nicht generell zulässig. Sie be­schränke sich auf Fernbehandlungen, die „allgemein anerkannten fachlichen Standards“ entsprechen.

Dies beziehe sich nicht auf den behandelnden Arzt, betonten die Karlsruher Richter. Daher spiele es keine Rolle, dass in der Schweiz Fernbehandlungen seit Jahren erlaubt sind. Gemeint seien vielmehr Standards, die sich beispielsweise aus Leitlinien medizinischer Fachgesellschaften oder den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen ergeben.

Jedenfalls die ursprüngliche Werbung sei darauf nicht beschränkt gewesen und daher auch von der ge­setz­lichen Neuregelung nicht gedeckt, urteilte der BGH.

afp

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