Krebserkrankungen: Potenzial der Prävention nutzen

Berlin – Trotz der Fortschritte in den vergangenen Jahrzehnten sehen Fachleute weiterhin dringenden Handlungsbedarf bei der Bekämpfung von Krebserkrankungen. Ausbaufähig sind demnach vor allem die Versorgungsstruktur sowie die Bereiche Prävention und Forschung. Dies verdeutlichten Experten heute bei einer Veranstaltung anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Deutschen Krebshilfe in Berlin.
„Wir wollen die Grenzen des Machbaren weiter verschieben“, erklärte Angelika Eggert, Kinderonkologin an der Charité-Universitätsmedizin in Berlin. Das Ziel sei, bei jungen wie bei erwachsenen Krebspatienten eine Heilungsrate von 100 Prozent zu erreichen.
Kam die Diagnose Krebs vor 50 Jahren noch einem Todesurteil gleich, so kann nach Angaben der Deutschen Krebshilfe heute rund die Hälfte aller erwachsenen Krebspatienten geheilt werden. Bei den Kindern gesunden nach einer Erkrankung demnach vier von fünf Betroffenen.
Die Forschung stehe weiterhin nicht still, Thomas Seufferlein, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin 1 am Universitätsklinikum Ulm, sprach von „explosionsartigen Entwicklungen“ in den vergangenen Jahren.
Eines Tages werde es eine Impfung gegen Krebs geben, war sich Seufferlein sicher. Für den Hautkrebs seien bereits vielversprechende Entwicklungen zu verzeichnen. Auch andere Substanzen versprächen Hoffnung für die Zukunft der Krebsbehandlung.
Eggert bestätigte die schnelle Entwicklung in der Krebsforschung der vergangenen Jahre. Bei der Behandlung akuter Leukämien habe sich in kurzer Zeit Vieles entwickelt. Mittlerweile überleben ihren Angaben zufolge fast 80 Prozent der jungen Erkrankten eine Leukämie. Noch vor einigen Jahren sei diese Rate wesentlich geringer ausgefallen.
„Trotz dieser Erfolge liegt noch ein weiter Weg vor uns“, sagte Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe. „Noch immer können wir jeden zweiten Betroffenen nicht heilen und es gibt nach wie vor Krebsarten, denen wir machtlos gegenüberstehen“. Ein Beispiel dafür sei Bauchspeicheldrüsenkrebs, dessen Erforschung die Krebshilfe in den kommenden Jahren besonders fördern möchte.
Auch bei der Prävention sehen die Experten noch Handlungsbedarf. Seufferlein zufolge ließen sich 40 Prozent aller Erkrankungen durch einen gesunden Lebensstil vermeiden. „Wenn ich als Kind nicht lerne, mich zu bewegen, bewege ich mich als Erwachsener auch nicht“, sagte er. Man müsse frühzeitig Muster für eine gesunde Lebensweise schaffen.
„Die Verhaltensintervention muss schon im Kleinkindalter anfangen“, sagte Eggert. Dafür brauche es Netzwerke mit den Kindergärten und Schulen und eine bessere Aufklärung in der Bevölkerung. Obwohl es bereits wirkungsvolle Impfungen gebe, wie beispielsweise gegen Humane Papillomviren, werde die Impfung noch zu wenig in Anspruch genommen.
„Auch die Politik begreift so langsam, wie wichtig Prävention ist“, ergänzte Nettekoven. „Das große Potenzial der Prävention müssen wir in Zukunft viel stärker nutzen“. Wenn mehr Menschen an Brust- oder Darmkrebs-Screenings teilnähmen, könnten viele Erkrankungen vermieden oder in einem sehr frühen Stadium behandelt werden.
Große Veränderungen habe es in der Krebsbehandlung auch durch onkologische Spitzenzentren, die Comprehensive Cancer Center (CCC) gegeben, erklärte Eggert. Durch die Zentren hätten Patientinnen und Patienten Zugang zu einer erstklassigen, interdisziplinären Versorgung bekommen.
Eine wichtige Aufgabe für die Zukunft sei nun, die CCC für alle Krebspatienten zugänglich zu machen, so Seufferlein. Dies bedeute vor allem, die Versorgung in der Fläche sicherzustellen und eine entsprechende Infrastruktur zu schaffen.
Für eine bessere Versorgung der Patienten in ländlichen Gebieten sei auch eine Vernetzung kleinerer und größerer Krankenhäuser sinnvoll, betonte Nettekoven. Nur so könne eine gleiche Versorgung der Patienten ermöglicht werden.
Die Deutsche Krebshilfe wurde im September 1974 von Mildred Scheel gegründet. Ziel der gemeinnützigen Organisation ist es, Krebserkrankungen in all ihren Erscheinungsformen zu bekämpfen und deren Erforschung und Behandlung zu fördern.
Die Krebshilfe fördert Projekte und Initiativen zur Verbesserung der Prävention, Früherkennung, Diagnose und Therapie, der medizinischen Nachsorge und psychosozialen Versorgung, einschließlich der Krebs-Selbsthilfe.
Dem Vorstandsvorsitzenden Nettekoven zufolge hat die Organisation in den vergangenen 50 Jahren dazu beigetragen, dass in Deutschland auf fast allen Gebieten der Onkologie erhebliche Fortschritte erzielt werden konnten.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: