Kritik an Coronatestverordnung ebbt nicht ab

Berlin – Die Länder zeigen sich in Teilen weiter unzufrieden mit Plänen des Bundes für eine erneute Anpassung der Coronatestverordnung. Protest kommt weiter aus Bayern und Baden-Württemberg. Das betrifft vor allem die geplante Verlagerung der Überprüfung der Abrechnungsmodalitäten der Teststellen.
Der Entwurf für eine neue Verordnung sieht vor, dass das Robert-Koch-Institut (RKI) Datenanalysen auf mögliche Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit den Coronabürgertests vornehmen soll. Bei einem Anfangsverdacht auf Unregelmäßigkeiten sollen dann die zuständigen Gesundheitsämter eingeschaltet werden.
Hintergrund der Anpassungen ist, dass Testungen nicht mehr für alle Bürger kostenfrei sind. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte daraufhin beklagt, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) die Kontrollen über die korrekte Abrechnung der Teststellen nicht mehr gewährleisten könnten.
In einem gemeinsamen Schreiben der Vorstände der KVen und der KBV an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wiesen sie daraufhin, dass sie sich nicht in der Lage sehen, die Bürgertests abzurechnen und die Vergütung auszuzahlen. In Gesprächen gab es dann eine Einigung zwischen dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und der KBV – die Umsetzung stand aber bislang aus.
Der Lösungsansatz aus dem Ministerium stößt nicht überall auf Gegenliebe. Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) hatte vergangene Woche moniert, die vorgesehene gezielte Ermittlung von Abrechnungsbetrug bei Coronatests sei „keine originäre Aufgabe des öffentlichen Gesundheitsdienstes, sondern die Arbeit von Kassenärztlicher Vereinigung und Staatsanwaltschaft“, wie Kristina Böhm, stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), sagte.
Eine weitergehende Untersuchung und Ermittlung durch die Gesundheitsämter sieht sie aufgrund der fortbestehenden Personalnot, der multiplen und wichtigeren Aufgaben im Bevölkerungsschutz und wegen der fehlenden Kompetenzen bei der Ermittlung von Abrechnungsbetrug sehr kritisch.
Das sieht Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) genauso. „Für diese Aufgabe bestehen bei den Gesundheitsämtern weder personelle Kapazitäten noch das notwendige Fachwissen“, sagte er heute. Die Konsequenz wäre, dass sich die Gesundheitsämter im Herbst und Winter mit Abrechnungsbetrügereien beschäftigen müssten.
Sie hätten „damit zu wenig Zeit, um sich um die COVID-19-Infektionen zu kümmern oder ihre Kernaufgabe wahrzunehmen, nämlich öffentlichen Gesundheitsschutz“, sagte der Minister. Für ihn ist die neue Verordnung „schlecht für die Pandemiebekämpfung, für die Gesundheit der Bevölkerung und für die Betrugsbekämpfung bei Abrechnungen“. „Das wüsste der Bund auch, hätte er sich auch nur einmal mit Ländern und Kommunen diesbezüglich abgestimmt. Leider sind die Länder mal wieder nicht gefragt worden.“
Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) bezeichnete den Entwurf als „weder praktikabel noch in der Fläche administrierbar“. Er sei „die denkbar schlechteste Lösung“. Gesundheitsämter hätten unter anderem die Aufgabe, sich bei Ausbruchsgeschehen unverzüglich dem Schutz vulnerabler Gruppen zu widmen. Die Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität zähle bekanntlich nicht zu den Aufgabengebieten des Öffentlichen Gesundheitsdienstes.
„Der Vorschlag Baden-Württembergs, die Durchführung von Bürgertestungen auf klar definierte professionelle Anbieter wie Arztpraxen, Apotheken und Rettungsdienstorganisationen zu beschränken, wurde vom Bund bisher leider nicht aufgegriffen“, beklagte Luca. Dadurch würde nicht nur die Qualität der Testungen gesteigert, sondern zugleich auch dem Abrechnungsbetrug wirksam entgegengewirkt.
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