Medizin

Längeres progressionsfreies Überleben durch Afatinib versus Erlotinib bei fortgeschrittenem Lungenkrebs

  • Montag, 29. September 2014

Madrid – Lungenkarzinome gehören in Europa zu den häufigsten Tumorerkrankungen: In Deutschland erkranken den Daten des Robert-Koch-Instituts und der epidemiologischen Krebsregister zu Folge pro Jahr circa 60.000 Menschen neu. Bei den Männern nehmen Lungenkarzinome den ersten Platz unter den Krebssterbefällen ein, bei Frauen den dritten. Circa 85 Prozent der Lungentumore werden als nicht-kleinzellige Bronchial­karzinome (NSCLC) typisiert, und von ihnen sind 25 bis 40 Prozent Plattenepithel­karzinome (squamöse Zellkarzinome, SCC). Die durchschnittliche 5-Jahresüber­lebens­rate von Patienten mit SCC beträgt 15 Prozent.

Bei der Jahrestagung der European Society for Medical Oncology (ESMO) in Madrid sind Daten einer großen prospektiven, randomisierten Kopf-an-Kopf-Studie zur Effektivität und Sicherheit zweier zielgerichteter Medikamente, der EGFR-Tyrosinkinaseinhibitoren Afatinib und Erlotinib, bei Patienten vorgestellt worden, die an einem fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinom der Lunge litten mit aktivierenden Mutationen im Epidermal Growth Factor Rezeptor (EGFR-Mutationen-positiv).

Die Patienten waren unter mindestens vier Zyklen einer platinbasierten Chemotherapie progredient gewesen, hatten also eine schlechte Prognose, wie Glen Goss vom Ottawa Hospital in Ottawa, Kanada, berichtete. Das SCC, meist eine Folge des Rauchens, und seine Symptome wie Husten, Kurzatmigkeit und Thoraxschmerz entwickelten sich zwar langsam, seien dann aber schwer therapierbar, die Patienten häufig komorbide, sagte Goss, Erstautor der Lux-Lung-8-Studie (ESMO 2014, Abstract No. 12220).

In der Phase-III-Untersuchung waren 669 Patienten (ohne Anti-EGFR-Vorbehandlung) randomisiert worden: 335 erhielten Afatinib und 334 Erlotinib. Erlotinib ist ein EGFR/ErbB1-Inhibitor, Afatinib blockiert irreversibel mehrere Proteine der ErbB-Familie: direkt EGFR/ErbB1, HER/ErbB2 und ErbB4 und indirekt auch ErbB3. Die Rezeptoren der ErbB-Familie haben eine wesentliche Funktion für das Wachstum und die Progression vieler Tumorerkrankungen.

Unter Erlotinib betrug die Zeit des progressionsfreien Überlebens (primärer Endpunkt) 1,9 Monate, unter Afatinib 2,4 Monate (Hazard Ratio  für Progress Afatinib vs. Erlotinib: 0,822; 95-%-Konfidenzintervall: 0,676 – 0,998, p = 0,0427). Dies entsprach einer Reduktion des Progressionsrisikos um 18 Prozent. Die  Krankheitskontrollrate, der sekundäre Studienendpunkt, bewertet als Anteil der Patienten mit Krankheitsstabilisierung, partieller und kompletter Remission, betrug 46 Prozent unter Afatinib und 37 Prozent unter Erlotinib, berichtete Goss.

Auch Symptome und Allgemeinzustand – wie von Patienten berichtet – hätten sich unter Afatinib deutlicher verbessert als unter Erlotinib. Bei der Rate der stark ausgeprägten unerwünschten Wirkungen (> Grad 3) gab es keine Unterschiede zwischen beiden Therapiearmen (Afatinib vs. Erlotinib: 50,2 Prozent vs. 49,1 Prozent). Unter Afatinib wurden im Vergleich zu Erlotinib häufiger Diarrhoe (9 Prozent vs. 2 Prozent) und Stomatitis (3,3 vs. 0 Prozent) beobachtet. Unter Erlotinib trat häufiger Rash von > Grad 3 auf (9 vs. 6 Prozent; Erlotinib vs. Afatinib).

Noch sind die Daten der Lux-Lung-8-Studie zum Gesamtüberleben nicht ausgewertet, berichtete Goss. Aber schon jetzt zeichne sich eine klinisch relevante Verbesserung für die Zweitlinientherapie mit Afatinib im Vergleich zu Erlotinib durch eine Verbesserung des allgemeinem Gesundheitszustandes und der Lebensqualität ab. Afatinib ist in Europa zur Erstlinienbehandlung von EGFR-Tyrosinkinase-naiven Patienten mit lokal fortge­schritte­nem oder metastasiertem NSCLC (mit aktivierenden EGFR-Mutationen wie Del 19/L858R) zugelassen.

nsi

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