Politik

Lauterbach wirft Krankenkassen vor, Long-COVID-Patienten auszusteuern

  • Freitag, 14. Oktober 2022
Margarete Stokowski, Journalistin und Autorin, spricht über ihre Erkrankung neben Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, bei einer Pressekonferenz zur aktuellen Coronalage. /picture alliance, Michael Kappeler
Margarete Stokowski, Journalistin und Autorin, spricht über ihre Erkrankung neben Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, bei einer Pressekonferenz zur aktuellen Coronalage. /picture alliance, Michael Kappeler

Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat den Krankenkassen vorgeworfen, Patienten mit Long COVID teilweise nicht ausreichend zu behandeln.

„Die Krankenkassen wollen zum Teil diese jungen Leute aussteuern“, sagte Lauterbach heute vor Journalisten in der Bundespressekonferenz. „Sie gehen dann quasi aus dem Rechtskreis des Beschäftigten, der Krankenkassen­leistungen bekommt, in die Rentenversicherung hinüber. Das ist natürlich nicht richtig.“

Die Betroffenen sollten dann eine Reha unter dem Dach der Rentenversicherung machen, und wenn die Betrof­fenen nicht ausreichend Fortschritte machen würden, dann rücke eine Erwerbsminderungsrente näher.

Lauterbach sagte: „Natürlich muss eine Erwerbsminderungsrente bei denjenigen, wo es nicht anders geht, mög­lich sein. Aber an dem Punkt sind ja viele auch nicht.“ Künftig solle der „Automatismus“ gebrochen werden, über die Reha in die Erwerbsminderungsrente zu rutschen. Bei jüngeren Menschen „ist das nicht der richtige Weg“.

Zwischen fünf und zehn Prozent der Personen, die sich mit COVID-19 infizieren, bekämen Long COVID, so Lau­terbach unter Berufung auf Studien weiter. Künftig solle die Versorgung der Betroffenen besser erforscht wer­den. Der Minister kündigte an, er werde bald einen Vorschlag machen, wie die Versorgungsforschung verbessert werden und wie der Anteil der Long COVID-Spezialambulanzen vergrößert werden könne.

Die Autorin Margarete Stokowski hatte zuvor von ihrer Long-COVID-Erkrankung berichtet. Sie habe sich im Ja­nuar dieses Jahres infiziert und leide seitdem trotz dreifacher Impfung an Long-COVID-Symptomen, darunter starke Kopfschmerzen, Fatigue, Schwindel, Herzrasen oder Konzentrations- und Wortfindungsstörungen. Diese Symptome würden sich zudem auch bei alltäglichen Belastungen wie etwa der Gang zum Supermarkt ver­schlimmern.

Sie berichtete: „Die Versorgungslage bei Long COVID ist weiterhin sehr schlecht. „Ich habe jetzt seit Anfang des Jahres die Krankheit, und mein erster Termin in der Long-COVID-Sprechstunde in der Charité hier in Berlin ist in der zweiten Novemberhälfte – und das war der frühestmögliche Termin.“

Ihre Krankenkasse wolle sie außerdem zwingen, eine Reha zu beantragen. Für ihr persönliches Krankheitsbild komme aber gar keine Reha infrage.

Krankenkassen wehren sich gegen Vorwurf

Der GKV-Spitzenverband wehrt sich auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes gegen Lauterbachs Vorwurf. Die Krankenkassen unternähmen „alles in ihrer Macht stehende, um für ihre 73 Millionen Versicherten stets eine gute medizinische und pflegerische Versorgung zu ermöglichen", sagte Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzen­verbandes.

Den Eindruck zu erwecken, dass dies bei Long-COVID-Patientinnen und Patienten nicht der Fall sei, sei unver­antwortlich. „Die ebenso pauschale wie allgemeine Behauptung des Ministers entbehrt jeder Grundlage und wird von uns in aller Deutlichkeit zurückgewiesen“, so Lanz.

dpa/cmk

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