Politik

Leopoldina fordert krisenresistentes Wissenschafts- und Gesundheitssystem

  • Freitag, 23. September 2022
Blick auf den Haupteingang der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina in Halle/Saale. /picture alliance, Hendrik Schmidt
Blick auf den Haupteingang der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina in Halle/Saale. /picture alliance, Hendrik Schmidt

Berlin/Halle (Saale) – Angesichts diverser Krisen hat die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina heute eine verbesserte Kommunikation sowie die Kooperation verschiedener Disziplinen angemahnt. Nur so ließe sich die gesundheitliche Situation und Chancengleichheit aller Menschen verbessern sowie kommen­den Ge­sundheitskrisen und Pandemien effektiv begegnen.

Ein krisenresistentes Wissenschaftssystem sei dabei die Basis für eine Krisenbewältigung, sagte der Präsident der Leopoldina, Gerald Haug, zur Eröffnung der Leopoldina-Jahresversammlung 2022, die heute und morgen in Halle (Saale) stattfindet.

„Wir müssen einen Kahlschlag im Wissenschaftssystem verhindern“, forderte er. „Es ist geboten, massiv in For­schung und Lehre sowie Transfer zu investieren.“ Für Deutschland hält Haug einen „Aktionsplan Wissenschaft“ für dringlich. Etwa drei Milliarden Euro jährlich müssten in den nächsten fünf Jahren investiert werden, um zumindest den Status quo zu erhalten.

Wissenschaftlich hat die Leopoldina ihre Jahresversammlung diesmal unter das Thema „Global Health: Von Gesundheitsleistungen über Klimawandel bis zu sozialer Gerechtigkeit" gestellt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen diskutieren die nächsten beiden Tage darüber, wie sozialen, ökonomischen und umweltbedingten Risiken für die Gesundheit begegnet und Lebenswelten gesundheits­förderlich gestaltet werden können.

Dabei appellierte die Leopoldina heute auch an die Politik: Diese habe in allen ihren Handlungs­bereichen die Aufgabe, Gesundheitsfolgen zu berücksichtigen, betonte Lothar Wieler.

Der Präsident des Robert-Koch-Insti­tuts (RKI) ist seit 2010 Mitglied der Leopoldina und koordiniert als kommissarischer Senator der Sektion Glo­bal Health gemeinsam der Biologin und Infektions­immunologin Susanne Hartmann und dem Mole­kularbiolo­gen und Virologen Thomas C. Metten­leiter den wissenschaftlichen Teil der Tagung.

In seinem Eröffnungsvortrag ging Wieler heute auf die Lehren der COVID-19-Pandemie für die globale Ge­sund­heit ein. Diese habe alle Gesell­schaftsschichten, alle öffentlichen Gesundheits­sys­teme und alle politi­schen Strukturen getroffen – eine Public-Health-Krise von immensem Ausmaß. „Die Pandemie hat gezeigt, warum Public Health tatsächlich als Global Health verstanden werden muss“, betonte der RKI-Präsident.

Für die Bewältigung von Pandemien gebe es kein Patentrezept, sie sei sehr komplex, so Wieler. Unabdingbar seien jedoch eine gute politische Führung sowie starke und widerstandsfähige Public Health-Systeme.

Wissenschaftliche Erkenntnisse und Vertrauen in Experten im Bereich der öffentlichen Gesundheit müssten zudem die politische Entscheidungsfindung leiten. Die Öffentliche Gesundheit müsse dabei national und international gestärkt werden. Denn Fakt sei: „Eine Public-Health-Krise trifft immer die marginalisierten und vulnerablen Gruppen der Gesellschaft am härtesten.“

„Niemand ist sicher, solange nicht alle sicher sind“, zitierte Wieler den Schweizer Epidemiologen Mike Ryan, der als Festredner ebenfalls zur Leopldina-Jahresversammlung nach Halle gekommen war. Ryan wies darauf­hin, welche verheerenden gesundheitliche, soziale und wirtschaftliche Auswirkungen die Pandemie weltweit hatte.

Ein Großteil des Leids und der Todesfälle wäre bei besserer Vorbereitung vermeidbar gewesen, sagte er. „Die Häufigkeit und Intensität von Gesundheitskrisen nimmt zu, und ihre Auswirkungen werden weiter zunehmen, wenn wir nicht stärkere und gerechtere Gesundheitssysteme aufbauen, deren Schwerpunkt auf Vorsorge, Be­reitschaft und Widerstandsfähigkeit liegt.“

Gesundheitliche Chancengleichheit könne nur durch Einbeziehung, Vertrauen und einen gesamtgesell­schaftli­chen und gesamtstaatlichen Ansatz sichergestellt werden, erklärte Ryan. Dazu brauche es gestärkte Gemein­schaften, stärkere, kohäsive, integrative und rechenschaftspflichtige Verwaltungssysteme, verbesserte Systeme und Instrumente, damit Gemeinschaften und Gesundheitsbehörden rasch auf Gefahrenmeldungen reagieren können, sowie nachhaltige und vorhersehbare Finanzierungsmechanismen.

ER

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung