Long COVID bleibt trotz Fortschritten ein ungelöstes Problem

Berlin – Das Problem Long COVID ist nach wie vor ungelöst und Long COVID ist eine Erkrankung, die nach wie vor unterschätzt wird. Beides hob der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) heute anlässlich des dritten Runden Tisches zu Long COVID mit Vertretern aus Wissenschaft und Gesundheitswesen hervor. Viele Menschen hierzulande seien davon betroffen, etwa eine halbe Million Betroffene mit chronischen Folgen.
Das Risiko nach einer SARS-CoV-2-Infektion Langzeitfolgen zu entwickeln, bestünde auch bei den Omikron-Varianten, sagten Lauterbach und Carmen Scheibenbogen, Leiterin der Immundefekt-Ambulanz an der Charité Universitätsmedizin Berlin. COVID-19-Impfungen würden das Risiko zwar senken, könnten das Auftreten jedoch nicht komplett verhindern, so der Minister weiter.
Zudem fehle es immer noch an wirksamen präventiven Maßnahmen, die die Entstehung von Long COVID verhindern könnten, betonte Lauterbach. Um so wichtiger sei es, die Versorgung der Betroffenen zu verbessern und flächendeckend in Deutschland anzubieten sowie die entsprechenden Akteure miteinander zu vernetzen.
Deutschlandweit bildeten sich Kompetenzzentren heraus, in denen Universitäten, Hausärzte, Kinder- und Jugendärzte eng zusammenarbeiteten. Langsam baue sich ein flächendeckendes Netz von Expertinnen und Experten auf, das die Versorgung verbessere, sagte der SPD-Politiker. Dies sei „wirklich ein Wendepunkt“.
Zugleich liefen Ausschreibungen zur Forschungsförderung. So stünden 81 Millionen Euro für die Long-COVID-Forschung zur Verfügung, so Lauterbach. „Das wird zu einer wesentlich besseren Behandlung führen.“
Aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) kämen noch einmal 21 Millionen dazu, um innovative Therapieansätze zu überprüfen. Weiterhin sollen 50 Millionen Euro in die bessere Versorgung von betroffenen Kindern und Jugendlichen fließen. Damit nehme Deutschland einen Spitzenplatz in der Versorgungsforschung zu Long COVID in Europa ein.
Weiterhin entstünde am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Anwendung von bereits für andere Indikationen zugelassenen Medikamenten befassen wird.
Vor wenigen Tagen habe er darüber hinaus die Richtline des G-BA zur Long-COVID-Versorgung freigegeben, berichtete Lauterbach. Karin Maag, unparteiisches Mitglied des G-BA, zufolge wird die finale Version in den kommenden zwei Wochen veröffentlicht werden. Die Richtlinie soll zu einer besseren und schnelleren Versorgung der Betroffenen beitragen.
Die Richtlinie sieht unter anderem statt einer bisher häufigen Odyssee der Betroffenen eine einzige Ansprechperson vor, wie Maag sagte. In der Regel sei dies die Hausarztpraxis, die dann einen Behandlungsplan mit weiteren Facharztbehandlungen koordinieren soll. Das Deutsche Ärzteblatt hat über den ersten Entwurf berichtet.
Die Diagnose und die Versorgung der von Long COVID Betroffenen seien eine große Herausforderung, betonte Scheibenbogen. Diese gingen teils nicht zu Ärztinnen und Ärzten, viele Mediziner fühlten sich nicht zuständig. Bislang gebe es keine kausalen Therapien und symptomatische Behandlungen würden nicht eingesetzt.
Die Ärztin berichtete über drei Therapieansätze, die derzeit untersucht würden. Dazu zähle die Anwendung von Methylprednisolon. Ein weiteres Ziel für Medikamente, zum Beispiel Rituximab, könnten Autoantikörper beziehungsweise die sie produzierenden B-Zellen sein. Davor könne eine Immunadsorption geschaltet werden.
Dieses Vorgehen habe einer Untersuchung zufolge, an der Scheibenbogen beteiligt war, vier Wochen nach der Immunadsorption die Beschwerden von ME/CFS-Betroffenen deutlich gebessert. Dies sei aber keine langfristige Lösung, da die Autoantikörper weiter produziert werden könnten.
Daher würden nun B-Zell-depletierende Ansätze untersucht. Ein weiterer wichtiger Ansatz, der derzeit evaluiert werde, so Scheibenbogen, sei die Verbesserung der Durchblutung, etwa mit dem Wirkstoff Vericiguat.
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