Männer in Deutschland leben länger, wenn Frauen ihnen gleichgestellt sind

Bielefeld – Männer in Deutschland leben umso länger, je stärker Frauen und Männer einander gleichgestellt sind. Diesen positiven Zusammenhang zwischen der Lebenserwartung von Männern und dem Grad der Gleichstellung der Geschlechter ergab eine im Bundesgesundheitsblatt veröffentlichte Studie von Präventionsforscherinnen der Universität Bielefeld (doi: 10.1007/s00103-019-02974-2).
Weltweit sterben Männer im Durchschnitt früher als Frauen. Ihre kürzere Lebenserwartung ist jedoch nur zu einem geringen Teil auf genetische Faktoren zurückzuführen. „Der größte Teil hängt von den Lebensbedingungen und vom persönlichen Verhalten ab“, kommentiert Christiane Groß, Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes, in einer Pressemitteilung.
„Das mag erstaunlich klingen, doch die Forschung auf dem Gebiet der geschlechterspezifischen Medizin liefert dafür gute Erklärungsansätze“, so Groß. Eine Reihe von gesundheitsschädlichen Gepflogenheiten seien bei Männern stärker akzeptiert als bei Frauen – etwa Rauchen oder riskantes Autofahren. Eine bessere Gleichstellung zwischen Mann und Frau verändere vermutlich die Vorstellung von Maskulinität. Männer würden umsichtiger und das wirke sich positiv auf ihre Lebenserwartung aus.
Für die Studie setzten Petra Kolip, Professorin für Prävention und Gesundheitsförderung an der Universität Bielefeld, und ihre Kollegen den Gender Inequality Index (GII) des United Nations Development Project mit der Lebenserwartung bei Geburt in allen deutschen Bundesländern in Beziehung. Der GII reicht von 0 bis 1, höhere GII-Werte stehen für eine stärkere Ungleichheit der Geschlechter.
Deutliche geographische Unterschiede bei der Gleichstellung
Laut den Ergebnissen variiert der GII in Deutschland zwischen 0,065 in Bayern und 0,117 in Mecklenburg-Vorpommern. Und die Geschlechterdifferenz in der Lebenserwartung differiert innerhalb Deutschlands um fast zwei Jahre.
Eine Assoziation zeigte sich sowohl zwischen GII und der Geschlechterdifferenz in der Lebenserwartung als auch zwischen GII und der Lebenserwartung männlicher Neugeborener. Für weibliche Neugeborene gab es keinen entsprechenden Zusammenhang.
Das Bruttoinlandsprodukt als Indikator für die Wirtschaftskraft habe keinen Einfluss auf die Ergebnisse gehabt, schreiben die Autoren um Kolip. Sie resümieren, dass „die im Präventionsgesetz formulierten Anforderungen an geschlechterdifferenzierte Interventionen hoch bedeutsam sind“.
Und mit Blick auf das Wohl von Patientinnen und Patienten fordert der deutsche Ärztinnenbund, deutlich mehr Geld für weitere Forschungen zur geschlechtsspezifischen Medizin zu investieren. „Wir müssen das Wissen um die Unterschiede bei der Prävention, der Diagnostik und der Therapie vertiefen“, betont Groß.
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