Männer in Mecklenburg-Vorpommern häufiger von häuslicher Gewalt betroffen

Rostock – Die Zahl der an der Rechtsmedizin Rostock untersuchten Fälle häuslicher Gewalt an Männern hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. „In diesem Jahr sind alleine im Bereich der Rostocker Opferambulanz neun Männer mit erheblichen Verletzungen durch stumpfe Gewalt deshalb untersucht worden. Dazu kommen zwei oder drei Fälle, die im Auftrag der Ermittlungsbehörden untersucht wurden“, sagte die Rechtsmedizinerin Verena Blaas. In den Jahren zuvor sei es stets nur ein Fall gewesen. Zu diesem Thema gebe es kaum Forschungsarbeiten, es sei in allen Gesellschaften tabuisiert.
In einer Statistik des Sozialministeriums Mecklenburg-Vorpommern wurden im vergangenen Jahr neben 3.850 Frauen 332 Männer erfasst, die wegen häuslicher Gewalt, Stalking oder sexualisierter Gewalt Unterstützung suchten. Die deutliche Differenz zu den Rostocker Fällen lasse sich durch das breite Spektrum der Statistik inklusive des Stalkings erklären. Auch ließen sich Männer kaum in der Opferambulanz untersuchen, wenn sie keine schwerwiegenden Verletzungen hätten, sagte Blaas.
Blaas geht davon aus, dass die Zahl der Fälle weiter zunehmen werde. Sie forderte deshalb für die Mitarbeiter in Beratungsstellen eine spezielle Schulung, denn auch in den Interventionsstellen sei die zunehmende häusliche Gewalt gegen Männer schon ein Thema.
Unklar sei meist die Vorgeschichte des Geschehens: Es sei durch den Befund nicht nachzuvollziehen, ob den Schlägen jahrelange Quälereien gegen die Frau vorausgegangen sind und die Tat gegen den Mann dann als eine Art Notwehr zu bewerten sei, sagte die Rechtsmedizinerin.
„Das Bild bröckelt, dass Männer keine Opfer von häuslicher Gewalt sein können“, sagte sie. Mit einer Schlägerei in der Kneipe könnten sich manche Männer noch ein bisschen schmücken. „Da kann er sich noch als Held darstellen, bei häuslicher Gewalt ist er immer gleich der Schwächling.“ Doch genau dieses Bild weiche langsam auf. Ebenso tabuisiert sei die Tatsache, dass auch in homosexuellen Beziehungen viel Gewalt ausgeübt werde. Internationale Studien sähen dort sogar vergleichsweise mehr Gewalt als in heterosexuellen Beziehungen.
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