Marokko hat noch keine deutsche Hilfe abgerufen

Bonn – Deutschland hat Marokko nach dem verheerenden Erdbeben erneut Hilfe angeboten. Zur Versorgung der Menschen in den betroffenen Gebieten könne man mit dem THW eine Trinkwasseraufbereitungsanlage in das nordafrikanische Land schicken, teilte der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Maximilian Kall, mit.
Am vergangenen Samstag hatte die Bundesregierung bereits angeboten, mit dem Technischen Hilfswerk (THW) bei der Bergung von Verletzten und Toten in Marokko zu unterstützen. Die Regierung in Rabat hatte daran jedoch kein Interesse gezeigt.
„Bislang sind diese Hilfsangebote nicht abgerufen worden“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes. Marokko habe sich aber für das Angebot bedankt. Auf die Frage, ob der Verzicht auf deutsche Unterstützung womöglich politische Gründe haben könnte, antwortete er: „Ich glaube, politische Gründe kann man hier ausschließen für unseren Fall.“ Die diplomatischen Beziehungen zu Marokko seien gut.
Der Streit über die Westsahara hatte die deutsch-marokkanischen Beziehungen 2021 in eine tiefe Krise gestürzt. Auf dem Höhepunkt zog Marokko seine Botschafterin für mehrere Monate aus Berlin ab. Im Sommer 2022 näherten sich die beiden Staaten dann wieder an.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) reiste im August vergangenen Jahres in die Hauptstadt Rabat. Die Bundesanwaltschaft hatte im vergangenen Mai vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf Anklage wegen mutmaßlicher geheimdienstlicher Tätigkeit gegen einen Marokkaner erhoben. Ihm wird vorgeworfen, Anhänger einer marokkanischen Protestbewegung ausgespäht zu haben.
Das Erdbeben der Stärke 6,8, das schlimmste seit Jahrzehnten in Marokko, hatte sich am späten Freitagabend ereignet. Das Epizentrum lag südwestlich von Marrakesch. Seither wurde das nordafrikanische Land von weiteren Nachbeben heimgesucht. Nach bisherigen amtlichen Angaben kamen landesweit mindestens 2.497 Menschen ums Leben, mindestens 2.476 weitere Menschen wurden verletzt.
Das Technische Hilfswerk (THW) schickt seine für einen möglichen Rettungseinsatz in Marokko nahe dem Flughafen Köln/Bonn bereits versammelten Helfer vorerst wieder nach Hause. Da bisher kein internationales Hilfeersuchen von Marokko eingegangen sei, würden die THW-Kräfte an ihre Standorte zurückkehren, teilte das THW gestern Nachmittag mit.
Denn zwischenzeitlich habe sich das Zeitfenster, in dem die Wahrscheinlichkeit groß sei, Menschen lebend unter Trümmern zu retten, fast geschlossen. Seit vorgestern Abend hatten Einsatzkräfte für einen möglichen Rettungseinsatz bereitgestanden. Das Team bleibe aber einsatzbereit, unterstrich das THW zugleich.
„Die mehr als 50 Helferinnen und Helfer der Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland (SEEBA) des THW waren innerhalb kurzer Zeit bereit, um mit ihrer technischen Expertise humanitäre Hilfe in Marokko zu leisten“, erklärte die THW-Präsidentin Sabine Lackner.
Nun prüfe das THW, ob und wie dem Land mit der Lieferung von Hilfsgütern geholfen werden könne. Auch für eine mögliche Unterstützung bei der Trinkwasserversorgung vor Ort seien THW-Einsatzkräfte vorbereitet.
Zuvor hatten bereits die Hilfsorganisation I.S.A.R. Germany und der Bundesverband Rettungshunde mitgeteilt, dass sie nicht mehr mit einem Rettungseinsatz ihrer bereitstehenden Helfer in Marokko rechnen. Deshalb würden die Vorbereitungen abgebrochen, sagte ein Sprecher.
Die Europäische Union stellt eine Million Euro für humanitäre Hilfe im vom Erdbeben erschütterten Marokko bereit. „Das tragische Erdbeben in Marokko hat schreckliches Leid und den Verlust von Menschenleben verursacht“, teilte der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, Janez Lenarcic, in einer Mitteilung mit.
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