Medizinische Versorgung: Altersstruktur macht Probleme in Sachsen-Anhalt

Magdeburg – Der immer höher werdende Altersdurchschnitt bei Patienten, Ärzten und Apothekern lässt die Versorgungsstruktur bröckeln. In Sachsen-Anhalt sei es für Heilberufler immer schwieriger, die wohnortnahe Versorgung zu organisieren und auszugestalten, teilten Vertreter der Ärzte und Apotheker heute in Magdeburg anlässlich ihres Neujahrsempfangs mit. Vor allem Menschen in ländlichen Regionen seien immer öfter unterversorgt, hieß es.
„Infolge eines immer höheren Altersdurchschnitts nimmt die Behandlungsbedürftigkeit stetig zu. Trotz ebenfalls steigender Anzahl praktizierender Ärzte, Apotheker und Psychotherapeuten erhöht sich deren Belastung deutlich“, erklärte die Präsidentin der Ärztekammer Sachsen-Anhalt, Simone Heinemann-Meerz. Nicht nur der höhere Versorgungsbedarf einer alternden Gesellschaft, auch der Umstand, dass viele Heilberufler in der nahen Zukunft selbst in den Ruhestand gehen würden, wirke sich auf die Versorgung im Land aus.
Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Sachsen-Anhalt möchte die ambulante medizinische Versorgung trotzdem so weit wie möglich als flächendeckende, wohnortnahe Versorgung erhalten. Dafür habe man bereits ein ganzes Bündel von Maßnahmen entwickelt, sagte Burkhard John, Vorsitzender der KV Sachsen-Anhalt, die dafür immer mal wieder zum Notnagel greife. Acht Eigeneinrichtungen, also Praxen mit angestellten Ärzten, betreibt die KV aktuell im Land.
„Um die Versorgung sicherzustellen, müssen wir ganz schöne Klimmzüge machen“, sagte John. „Dennoch ist eine Zentralisierung der Praxen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten in größeren Orten zu erwarten, die damit einhergehen wird, dass nicht mehr jede Praxis im ländlichen Bereich nachbesetzt werden kann“, räumte John ein.
Zu den Maßnahmen, die auch künftig die medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherstellen sollen, gehört für die Heilberufler in Sachsen-Anhalt vor allem auch eine Förderung des Nachwuchses. Laut Landesärztekammer waren Ende 2016 rund ein Drittel der 12.357 Ärzte 60 Jahre und älter. Der Nachwuchs verlasse nach dem Studium oft das Land, weil die Arbeit in Sachsen-Anhalt allgemein und besonders in strukturschwachen Regionen nicht attraktiv sei.
Die Heilberufler sehen die Landesregierung gefordert, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen und beispielsweise die Hochschulen adäquat zu unterstützen. „Die Zukunft beginnt beim Nachwuchs und damit bei den Hochschulen", betonte Heinemann-Meerz. „In der Vergangenheit haben wir uns für den Erhalt beider medizinischer Hochschulen, der Finanzierung der Unikliniken und Sanierung der Zahnklinik einsetzen müssen.“ Dies lohne sich: Die Quote von jungen Ärzten, die nach dem Studium in Sachsen-Anhalt bleibe, sei hoch. „Wir können kaum mit Zuzug von außen rechnen. Deshalb müssen wir unseren ärztlichen Nachwuchs selber ausbilden“, stellte die Kammerpräsidentin klar.
Bei Sachsen-Anhalts Zahnärzten gebe es aktuell zwar noch keine Unterversorgung, man sei aber im Vergleich zu den Ärzten mit der Problematik nur etwa zehn bis 15 Jahre zeitversetzt. „Wir müssen früh die richtigen Reize setzen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, Stefan Schorm. Etwa die Hälfte der 2.435 Zahnärzte im Land trete in dieser Zeitspanne in den Ruhestand.
Schorm zufolge lassen sich Zahnärzte immer öfter anstellen, was die Situation verschlimmere. „Eine flächendeckende Versorgung in strukturschwachen Gebieten wird weiterhin vor allem durch freiberufliche Tätigkeit in einer selbstständig geführten Praxis sichergestellt“, sagte er. Anreize für diese Form der Berufsausübung würden jedoch immer mehr verblassen.
Als wichtiges Glied der medizinischen Versorgungskette sehen die Apotheker ihre Aufgabe vor allem in der Beratung und der Akut- und Notversorgung mit Medikamenten. Doch auch ihr Versorgungsnetz werde zunehmend lückenhafter. „In Orten, in denen Ärzte praktizieren, in denen aber keine Apotheke ansässig ist, sichern wir die wohnortnahe Arzneimittelversorgung mittels Rezeptsammelstellen“, sagte Apothekerkammerpräsident Jens-Andreas Münch.
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