Medizinprodukte: Zahl der Benannten Stellen deutlich gesunken

Berlin – Die Zahl der sogenannten Benannten Stellen, die für den Marktzugang von Medizinprodukten zuständig sind, ist in Europa von ursprünglich 80 auf 55 zurückgegangen. Tendenz weiter rückläufig. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion Die Linke hervor. Grund für den Rückgang sind laut der Antwort die höheren Anforderungen an die Benannten Stellen, die die neue EU-Verordnungen über Medizinprodukte (MDR) mit sich bringt.
Die neue MDR ist am 25. Mai 2017 in Kraft getreten, gefolgt von einer dreijährigen Übergangsfrist, in der wahlweise noch das alte oder schon das neue Medizinprodukterecht angewendet werden darf. Mit der EU-Verordnung über Medizinprodukte sollen diese sicherer werden, indem die Anforderungen an die Organisation, Ausstattung und qualitätsgesicherte Arbeitsweise der Benannten Stellen detaillierter und strenger geregelt werden. Dies werde dazu führen, dass sich die Zahl der Benannten Stellen künftig noch weiter reduziere, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort.
Die Benannten Stellen werden staatlich akkreditiert und überwacht, sind jedoch in Deutschland private Unternehmen, zum Beispiel TÜV und DEKRA. Ihre Benennung und Überwachung regelt der Paragraf 15 des Medizinproduktegesetzes.
Die Medizintechnikbranche hat sich in der Vergangenheit immer wieder besorgt über Engpässe bei den Bewertungsstellen geäußert, die für die Zulassung neuer Medizinprodukte zuständig sind. „Der Engpass bei den Medizinprodukte-Bewertungsstellen ist absehbar und existiert bereits jetzt. Und er kann nicht nur für die Hersteller, sondern auch für die Patientenversorgung gefährlich werden“, fasste der Industrieverband BVMed die Ergebnisse einer Konferenz „Aktueller Stand der Implementierung der MDR“ bereits Mitte März dieses Jahres zusammen.
Jüngst hat eine unter dem Schlagwort „Implant Files“ veröffentlichte Recherche investigativer Journalisten zur neuerlichen Diskussion um die Zulassung von Medizinprodukten geführt.
„Die aktuelle Kritik – insbesondere am Zertifizierungsverfahren – zeigt, dass es richtig war, die EU-Richtlinien für Medizinprodukte zu verschärfen“, sagte Wolfgang Lauer, Leiter der Abteilung Medizinprodukte am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), in diesem Zusammenhang dem Deutschen Ärzteblatt.
Alle Zertifizierungsstellen und auch alle Medizinprodukte müssten bis 2020 das neue Prüfverfahren durchlaufen haben. „Stellen, die die höheren Anforderungen nicht erfüllen, haben deshalb bereits jetzt schon ihre Arbeit eingestellt“, gibt er eine Begründung für die sinkende Zahl an Benannten Stellen.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: