Politik

Mehr Effizienz und Qualität im Gesundheitswesen gefordert

  • Donnerstag, 30. November 2023
/picture alliance, Bernd Weißbrod
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Berlin – Im Gesundheitssystem braucht es mehr wirtschaftliche Effizienz insbesondere im Sinne einer besseren Verteilung von personellen Ressourcen aber auch mehr Qualität. Darin waren sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Diskussionsrunde im Rahmen des interdisziplinären Kongresses „Junge Wissenschaft und Praxis“ der Hanns Martin Schleyer Stiftung und der Heinz Nixdorf Stiftung gemeinsam mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin gestern einig.

Qualität und Effizienz im Gesundheitswesen sei kein Widerspruch, sagte Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende beim Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Allerdings gebe es viele unwirksame und unnötige Leistungen.

Hinsichtlich der bestehenden Unter- und Fehlversorgung habe sich in den vergangenen Jahren noch nicht viel getan, kritisierte sie. Stattdessen habe es immer weitere zusätzliche Ausgaben sowie Leistungen im Gesundheitssystem gegeben, ohne dass hinterfragt worden sei, an welche Stelle man umbauen könne, so dass die Leistungen den Patientinnen und Patienten tatsächlich nutzen und es dennoch wirtschaftlich sei.

In diesem Zuge kritisierte sie die digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA). Diese halte die GKV „für nicht sinnvoll“. Pfeiffer kritisierte den schnellen Zugang ins Gesundheitssystem über das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und den zu kurzen Bewertungszeitraum. Damit sei oft nicht geklärt, ob DiGA tatsächlich einen großen Nutzen bringen. Zudem kosten sie viel Geld, so Pfeiffer.

Benedikt Simon, Chief Officer Integrated and Digital Care beim Klinikkonzern Asklepios, forderte ein besseres Anreizsystem für die Beteiligten im Gesundheitswesen, damit Prozesse effizienter gestaltet würden. Wichtig sei es neue Lösungen gemeinsam mit den Krankenkassen zu finden, die die Versorgung verbessern und gleichzeitig Geld einsparen können. „Der Killer im System sind die Anreizmechanismen, die wir haben“, so Simon.

Für Susanne Johna, Vorsitzende des Marburger Bundes (MB) und Vizepräsidentin der Bundesärztekammer (BÄK), ist nach wie vor die bürokratische Belastung der Ärztinnen und Ärzte eines der drängendsten Probleme im Gesundheitswesen. Beispielsweise bezüglich bestehender Qualitätssicherungsverfahren liege die Tücke im Detail, so Johna.

Man könne nicht an einer Stellschraube drehen, sondern müsse sich alle Prozesse für Überlegungen zum Bürokratieabbau anschauen. Hinsichtlich der Digitalisierung mahnte sie entsprechende Prozesse nicht zu digitalisieren, wenn sie nicht sinnvoll seien. Dass Deutschland in diesem Bereich hinterherhänge, sei ein Vorteil, weil aus Fehlern der anderen gelernt werden könne, so Johna.

Verpflichtende Lösungen für Schnittstellen gefordert

Außerdem braucht es eine gesetzliche Regelung, die Softwarehersteller verpflichten würde, entsprechende Schnittstellen und interoperable Möglichkeiten für Software im Gesundheitswesen anzubieten, forderte Johna. Damit wäre das Thema Interoperabilität, also die einfache Verknüpfung von verschiedenen Datenquellen künftig besser möglich.

Zum Thema Krankenhausreform bekämen erste Kolleginnen und Kollegen Angst, dass am Ende gar nichts bei der geplanten Reform heraus komme. „Das wäre das Schlechteste, was uns passieren kann“, betonte Johna. Insbesondere hinsichtlich des Fachkräftemangels, der in den kommenden Jahren noch zunehmen werde, müsse man sich dringend anschauen, wie man das aktuell beschäftigte Personal entlasten könne.

Auch Pfeiffer betonte, es gebe zwar in Deutschland pro Kopf mehr Pflegepersonal und mehr Ärzte im europäischen Vergleich. „Wir setzen sie nur nicht richtig ein.“ Dies führe zu einem Personalmangel an vielen Stellen, sagte Pfeiffer.

Simon warnte sogar vor einer Verknappung der Ressourcen und mahnte, dass insbesondere Ältere bei einer Verschärfung der Lage nicht mehr entsprechend versorgt werden könnten. Die Generation, die gerade noch an den politischen Hebeln hängen würden, habe dies noch nicht ausreichend verstanden. Diese sei aber unmittelbar von einer solchen Verknappung betroffen, so Simon.

Für mehr Effizienz werde zudem ein deutlicher Ausbau von Prävention benötigt, forderten unter anderem Johna. Hier seien aber vor allem politische Maßnahmen gefordert. „Wie kann das sein, das wir es in Deutschland nicht schaffen, den Zuckergehalt von ungesunden Getränken zu reduzieren, wenn selbst die Engländer das schaffen?“, so Johna.

Zudem müsste die GKV ihre Verteilung der Ausgaben mehr Richtung Prävention lenken, das sei ein stückweit in der Hand des Verbandes, sagte Johna. Pfeiffer betonte, die GKV habe vergangenes Jahr im Vergleich zum Vorjahr etwas mehr für Prävention ausgegeben. Das werde aus dem aktuellen Präventionsbericht deutlich.

cmk

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