Mehr Medizinstudienplätze und eine Bleibestrategie in Thüringen notwendig

Jena – Die Landesärztekammer Thüringen (LÄK) hat zu einer verstärkten Initiative gegen den Ärztemangel aufgerufen. „Nach wie vor ist die Lage in Thüringer Krankenhäusern, Praxen, aber auch Behörden hinsichtlich der Besetzung mit Ärztinnen und Ärzten kritisch“, sagte die Präsidentin der Kammer, Ellen Lundershausen, in einem Pressegespräch mit dem Präsidenten des Landesverwaltungsamtes Frank Roßner.
Lundershausen wies daraufhin, dass der Anteil an ausländischen Ärzten in den Krankenhäusern des Landes bei fast 25 Prozent liege. Sie forderte daher neue Strategien, um gegen den Ärztemangel im Land vorzugehen.
Dazu gehöre zum einen, die Zahl der Medizinstudienplätze zu erhöhen. Besonders wichtig sei außerdem, dafür zu sorgen, dass mehr Absolventen nach dem Studium im Land blieben und dort auch ärztlich tätig würden, so die Kammerpräsidentin.
Im Augenblick seien lediglich 49 Prozent der Medizinabsolventen aus den vergangenen zehn Jahren, die ihr Medizinstudium in Jena abgeschlossen haben, in Thüringen ärztlich tätig. Die medizinische Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist die einzige im Land.
„Letztlich bilden wir hier in Thüringen für andere Bundesländer aus“, sagte Lundershausen. Zu einer „Bleibestrategie für Jenaer Medizinabsolventen“ gehöre zum Beispiel eine Landeskinder- und eine Landarztquote. Bei ersterer würden Thüringer Bewerber für ein Medizinstudium bevorzugt – mit dem Gedanken, dass sie später eher im Land praktizieren werden.
„Wir müssen neben der Erhöhung der Studienplatzzahl Überlegungen zur Findung von sogenannten ‚Klebeeffekten‘ anstellen, um die in Thüringen ausgebildeten Mediziner verstärkt im Land zu halten. Erst dann können wir davon ausgehen, die gesundheitliche Versorgung in unserem Land sichern zu können“, betonte die Ärztekammerpräsidentin.
Laut der Mitgliederstruktur der Landesärztekammer Thüringen arbeiten in dem Bundesland 3.680 Ärzte ambulant, 5.301 stationär, 229 in Behörden und Körperschaften und 246 in sonstigen Bereichen (Zahlen von 2019).
Wie das Landesverwaltungsamt als zuständige Behörde mitteilte, erhielten im vergangenen Jahr 267 ausländische Mediziner eine Approbation. Bundesweit liege Thüringen damit an sechster Stelle, in Ostdeutschland sei Thüringen das Bundesland mit den meisten Neuzulassungen von zugewanderten Ärzten. Derzeit liegen der Behörde zufolge 239 Anträge auf Erteilung einer Approbation vor.
Auf dem Weg dahin stolpern viele Bewerber in Thüringen allerdings über Sprachdefizite oder über mangelnde medizinische Fachkenntnisse. So fällt laut Landesverwaltungsamt etwa ein Drittel durch die Kenntnisprüfung, bei der medizinische Inhalte abgefragt werden. Sie ist nötig bei Bewerbern aus Ländern, in denen die Inhalte der Medizinstudiengänge nicht dem Niveau des Medizinstudiums in Deutschland entsprechen.
Die Fachsprachenprüfung bei der Landesärztekammer haben im vergangenen Jahr 255 von 427 Approbationsbewerbern bestanden. Dabei wird getestet, wie gut sich die Mediziner im Gespräch mit Patienten verständlich machen können. Beide Prüfungen können im Fall des Scheiterns wiederholt werden. Je nach Fall könne sich der Zulassungsprozess über viele Monate hinziehen, hieß es. Klinikvertreter hatten zuletzt über die lange Dauer des Verfahrens geklagt.
In Thüringen arbeiten laut Kammer insgesamt gut 1.600 ausländische Ärzte aus mehr als 80 Ländern. Die meisten (208) kommen laut Landesärztekammer aus Syrien, gefolgt von Rumänien (190). Traditionell stark vertreten sind auch Mediziner aus anderen osteuropäischen Ländern wie Bulgarien.
Lundershausen betonte die Bedeutung, die die Zuwanderer für die medizinische Versorgung in Thüringen haben. „Ohne Ärzte mit Migrationshintergrund wären die Thüringer Krankenhäuser längst nicht mehr arbeitsfähig“, so Lundershausen. 1.300 Mediziner an Kliniken kommen aus dem Ausland, das ist ein Viertel der Klinikärzte in Thüringen.
Die den Krankenhäusern vom Land verordnete Mindestzahl für Fachabteilungen an Krankenhäusern habe den Ärztebedarf weiter erhöht. Auch vor diesem Hintergrund bekräftigte die Kammerpräsidentin ihre Forderung nach mehr Medizinstudienplätzen.
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