Medizin

Mehr Stoffwechsel­störungen und kardiovaskuläre Komplikationen nach Corona

  • Mittwoch, 28. September 2022
/sdecoret, stock.adobe.com
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Zürich – Erhöhte Cholesterin- und BMI-Werte sowie eine geringe körperliche Aus­dauer zählen ebenfalls zu den möglichen längerfristigen Folgen einer Coronainfek­tion. Anhand einer sehr homogenen, überwiegend männlichen Probandengruppe wurden weitere Aspekte zu Long COVID bei jungen Erwachsenen aufgedeckt.

Die langfristigen Folgen einer Coronainfektion haben global Auswirkungen auf das Gesundheitssystem. Wel­che Folgeerscheinungen organübergreifend mehr als 180 Tage nach COVID-19-Infektion auftreten können, wurde nun bei nicht hospitalisierten, ungeimpften jungen Erwachsenen untersucht.

Die Längsschnittkohortenstudie (Lancet 2022; DOI: 10.1016/S1473-3099(22)00449-2) wurde von der Schweizer Armee finanziert und hat mögliche Auswirkungen von Long COVID bei jungen Schweizer Militär­angehörigen (18-30 Jahre, durchschnittlich 21 Jahre alt, n=501) untersucht.

Es wurden 29 weibliche und 464 männliche Probanden eingeschlossen, wovon 177 Teilnehmende zwischen März 2020 und Dezember 2020 eine COVID-19-Erkrankung durchgemacht hatten, die mehr als 180 Tage seit der Diagnose zurücklag. Die Kontrollgruppe bestand aus 251 serologisch negativ-getesteten Personen, die noch nicht mit SARS-CoV-2 infiziert war.

Die Teilnehmer wurden insgesamt in 4 Gruppen gegliedert, die Kontrollgruppe (serologisch negativ, n=251), asymptomatische Infektionsgruppe (serologisch positiv, aber ohne Symptome, n=46), COVID-19-Gruppe, die vor mehr als >180 Tagen einen positivem PCR-Test hatte (n=177) und eine kürzlichere COVID-19-Gruppe (≤180 Tage seit positivem PCR-Test, n=19).

Im Rahmen der Studie wurden die Parameter einer ganzen Reihe von Organsystemen berücksichtigt: kardio­vaskuläre (NTproBNP-, Troponin-T-Werte), pulmonale, neurolo­gische (olfaktorische und gustatorische Wahr­nehmung), ophthalmologische, psycholo­gische (PTSD-19-, ZSDS-, BDI-13, STAI-Y-, POM2- und IESR-Test) und allgemeine (z.B. Blutdruck, Kreatinin, TSH, Impfstatus) sowie die männliche Fruchtbarkeit.

In der COVID-19-Gruppe, die vor mehr als >180 Tagen eine Infektion durchlebte, wurde ein signifikanter Trend für Stoffwechselstörungen im Vergleich zur Kontroll­gruppe verzeichnet.

Diese Gruppe hat einen höheren BMI (Median 24,0 kg/m2 [IQR 22,0-25,8] vs. 23,2 kg/m2 [27,1-25,0]; p=0,035), eine niedrigere aerobe Schwelle (39% [36-43] vs. 41% [37-46]; p=0,012) und einen höheren Cholesterinspiegel im Blut (4,2 μM [3,7-4,7] vs. 3,9 μM [3,5-4,5]; p<0,0001) sowie LDL-Konzentrationen (2,4 μM [1,9-2] vs. 2 μM [1-2]; p=0,001) als in der Kontroll-Kohorte.

Der einzige signifikante psychosoziale Unterschied wurde in Punkto Fatigue anhand des CFS-Scores gemessen mit höheren Werten in der >180 Tagen-COVID-19-Kohorte (Median 12 Punkte [IQR 11-15] vs. 11 [9-14]; p=0,027).

In anderen psychosozialen Fragebogen-Scores, ophthalmologischen Ergebnissen und Spermienqualität oder -motilität wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe und der >180 Tagen-COVID-19-Kohorte festgestellt.

„Erhöhter BMI, hohe Cholesterinwerte und geringere körperliche Ausdauer deuten auf ein höheres Risiko für Stoffwechselstörungen und mögliche kardiovaskulären Komplikationen hin“, so die Einschätzung der Stu­dienleiterin Patricia Schlagenhauf, Professorin am Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich (UZH).

Dies könne sich auf die Gesellschaft und die öffentliche Gesundheit als Ganzes auswirken. Daher seien auch bei jungen Erwachsenen weitere Strategien für eine breit angelegte, interdisziplinäre Bewertung von COVID-19-Folgestörungen, deren Management und Behandlung nötig.

cw

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