Ärzteschaft

Mehrzahl der jungen angestellten Ärzte kann sich Niederlassung vorstellen

  • Donnerstag, 4. Dezember 2025
/pressmaster, stock.adobe.com
/pressmaster, stock.adobe.com

Berlin – Nur 15 Prozent der jungen angestellten Ärzte und Psychotherapeuten schließen eine Niederlassung für sich aus. Das zeigt eine Befragung, die das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) unter dem Titel „Ärztliche und psychotherapeutische Karrierewahl und Existenzgründungsentscheidungen (KWEX)“ durchgeführt hat.

Auf die Frage „Planen Sie, sich in Zukunft selbst vertragsärztlich beziehungsweise vertragspsychotherapeutisch niederzulassen?“, antworteten demnach fast 40 Prozent der bis 35-Jährigen mit Ja. Gut 45 Prozent in dieser Altersgruppe sind noch unentschlossen.

Bei den 35- bis 39-Jährigen will sich jeder Dritte niederlassen, genauso viele haben dies nicht vor. Rund 36 Prozent sind unentschlossen. Ab dem fünften Lebensjahrzehnt nimmt die Bereitschaft zur Niederlassung der Umfrage zufolge deutlich ab. Dies könnte nach Angaben des Zi daran liegen, dass viele der älteren Befragungsteilnehmer ihre eigene Praxis bereits abgegeben haben und nun als Angestellte tätig sind.

Als Herausforderung in der Niederlassung betrachtet eine Mehrheit der Befragten die hohe Bürokratielast und den Fachkräftemangel. Mit rund 67 Prozent sehen sie die Verfügbarkeit von Praxispersonal als größtes Problem. Auch die Digitalisierung (64 Prozent) und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie (62 Prozent) sowie die Rechtssicherheit bei der Behandlung von Patienten (58 Prozent) werden als Hürden angesehen.

Auf dem Weg in die Niederlassung empfinden die Befragten vor allem den administrativen Aufwand als schwierig (84 Prozent), gefolgt von der zeitlichen Planung und Organisation des Vorhabens (81 Prozent), der Umsetzung der Niederlassungsabsicht mit eigenem betriebswirtschaftlichem Vorwissen (79 Prozent), Sorgen über die Rahmenbedingungen als Niedergelassene (77 Prozent) und dem Aufwand im Zulassungsverfahren (76 Prozent).

Zufrieden zeigten sich die Angestellten mit den therapeutischen Beziehungen zu ihren Patienten und der Wertschätzung, die sie von diesen erfahren. Die Möglichkeit, medizinische beziehungsweise psychotherapeutische Entscheidungen eigenverantwortlich zu treffen, wurde ebenfalls positiv bewertet.

Gefragt wurde auch nach der Bewertung von Beratungsangeboten zur Niederlassung. Mit am wichtigsten schätzten die Teilnehmer mit Niederlassungsabsicht die Beratung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) sowie Seminare und Workshops zu den Themen „Einstieg in die Niederlassung“ beziehungsweise „Praxisgründung“ von den KVen ein.

Erstere Option hatten rund 31 Prozent genutzt und als hilfreich empfunden, 42 Prozent hatten sie nicht genutzt, aber gekannt. Rund 18 Prozent empfanden die in Anspruch genommene Beratung durch die KV als nicht hilfreich. Seminare und Workshops der KVen konnten rund 27 Prozent helfen, 49 Prozent nutzten die Möglichkeit nicht. 14 Prozent empfanden sie als nicht hilfreich.

Unterstützung wünschten sich die Befragten vor allem zu den Themen Abrechnungsfragen und Honorar, Finanzierung und Wirtschaftlichkeit sowie Management und Praxisorganisation. Auch die Regularien und KV-Strukturen, steuerrechtliche Fragen sowie die Telematikinfrastruktur und Digitalisierung gehörten dazu.

Anke Richter-Scheer, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), bekräftigte, dass die inhabergeführte Praxis weiterhin das Rückgrat der ambulanten Versorgung bleiben wird.

Dafür müsse den Niedergelassenen das professionelle Umfeld so unkompliziert und bürokratiearm wie möglich gestaltet werden. Potenzial sah sie allerdings auch für Teampraxen. „Die Einzelpraxis wird es weiter geben, aber Teampraxen werden die Zukunft sein, auch im Sinne der Demografie“, sagte sie.

Auch Jüngere würden sich die Niederlassung inzwischen anders vorstellen. Richter-Scheer hob hervor, dass sie sich immer öfter die Integration arztentlastender Fachberufe wie beispielsweise Physician Assistants wünschen würden, um mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten zu haben.

Als wichtige Voraussetzung für die Niederlassung betrachtete sie betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Sie würden im Studium jedoch kaum gelehrt werden und gewännen erst im Rahmen der Weiterbildung an Bedeutung. Über ein Patenprogramm der KV Westfalen-Lippe vermittle man diese Fähigkeiten bereits erfolgreich an junge Kollegen.

Simon Schwill, angestellter Hausarzt und Leiter des Kompetenzzentrums Weiterbildung Baden-Württemberg, machte auf die heutigen vielfältigen Möglichkeiten für Ärztinnen und Ärzte in der ambulanten hausärztlichen Versorgung aufmerksam.

Individuelle Situationen könnten damit berücksichtigt werden und viele Kollegen ließen sich dadurch auch erst nach einigen Jahren in der Anstellung nieder. Um diesen Schritt zu gehen, seien ausreichend Möglichkeiten für eine informierte Entscheidungsfindung und der Austausch in Netzwerken wichtig.

Evelyn Matthäus, angestellte Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe in einem medizinischen Versorgungszentrum, sah Nachholbedarf bei der Förderung der fachärztlichen Weiterbildung in Arztpraxen. Dort sei – ähnlich wie im hausärztlichen Bereich – eine gesetzliche Regelung für die Weiterbildung von fachärztlichem und psychotherapeutischem Nachwuchs notwendig.

Denn vor allem diejenigen, die den Praxisbetrieb tatsächlich erlebt hätten, könnten wirksam und nachhaltig für eine Niederlassung motiviert werden. Für die Schaffung von Weiterbildungsstellen müssten daher dringend entsprechende finanzielle Mittel bereitgestellt werden, forderte Matthäus abschließend.

Das Zi hat von Ende Januar bis Ende April 2025 rund 3.200 angestellte Ärzte und Psychotherapeuten zu ihrer aktuellen beruflichen Situation, zu ihren Karriereoptionen und Zukunftsplänen befragt.

Gefragt wurde unter anderem nach Niederlassungsplänen, der Zufriedenheit mit der aktuellen Tätigkeit sowie nach der Erfahrung mit verschiedenen Informations- und Beratungsangeboten. Die Befragung ist Teil einer Zi-Studie zur ärztlichen und psychotherapeutischen Karrierewahl und Existenzgründung (KWEX).

nfs/EB

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung