Vermischtes

Menschen mit Behinderungen: Opfer des NS-Regimes

  • Freitag, 26. Januar 2024
Gedenkort Aktion T4 / picture alliance, Heinz Krimmer
Gedenkort Aktion T4 / picture alliance, Heinz Krimmer

Berlin – Anlässlich des nationalen Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar erinnert der ehemalige Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, an die „Aktion T4“, die in der Berliner Tiergartenstraße 4 ihren Anfang nahm, wo das nationalsozialistische Vernichtungsprogramm an Kranken und Menschen mit Behinderung geplant und organisiert wurde.

Beide Gruppen seien die ersten Opfer des organisierten Massenmordes der Nationalsozialisten gewesen, beton­te Hüppe. Zum angeblichen Wohl der Volksgemeinschaft seien bis zu 300.000 Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen systematisch ermordet, weitere 400.000 zwangssterilisiert worden. Kern des NS-Euthanasie sei der Gedanke gewesen, dass es Menschen gebe, deren Existenz für die Gesellschaft, aber auch für sie selbst eine unzumutbare Belastung darstelle.

Menschen mit Behinderungen, die leben wollten, seien selektiert und getötet worden, weil sie vom Staat als „lebensunwert“ bezeichnet wurden. Hüppe wies darauf hin, dass nach dem Krieg Menschen mit Behinderungen bei der Opferentschädigung benachteiligt worden seien. Die Täter seien seltener und milder bestraft worden. Ärzte und Forscher, die Menschen mit Behinderungen wie Versuchstiere behandelt hätten, seien oft schnell wieder rehabilitiert worden und hätten weiterarbeiten dürfen.

Die Selektion im Rahmen der sogenannten „Aktion T4" dürfe nicht in Vergessenheit geraten und sollte auch bei aktuellen politischen Vorhaben eine Mahnung darstellen, so Hüppe. Eine humane Gesellschaft zeichne sich durch „Fürsorge, Hilfe zum Leben, Solidarität mit Schwachen und Kranken und eine intakte Immunabwehr ge­gen jedes eugenisches Gedankengut“ aus.

Der internationale Forschungsverbund #LastSeen. Bilder der NS-Deportationen hat seit 2021 nach eigenen Angaben rund 500 NS-Deportationsfotos aus 60 Städten aus dem Gebiet des Deutschen Reichs in den Grenzen von 1937 zusammengetragen. Zahlreiche der abgebildeten verfolgten Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma so­wie „Euthanasie“-Opfer sind auf den Bildern zum letzten Mal zu sehen – daher der Name des Forschungsver­bundes.

In dem Projekt werden die Hintergründe der Fotos recherchiert und wissenschaftlich in einen Zusammenhang gestellt, wie es heißt. Öffentlich zugänglich und mit wissenschaftlichen Einordnungen versehen, sind sie ab heute in einem digitalen Bildatlas abrufbar. Vermittelt werden soll auch die tiefe Verstrickung der deutschen Bevölkerung in die Ermordung von Millionen Menschen.

Bei „#LastSeen" arbeiten den Angaben zufolge sechs Organisationen zusammen: die Arolsen Archives – Inter­national Center on Nazi Persecution; das USC Dornsife Center for Advanced Genocide Research in Los Angeles; die Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin; die Gedenkstätte Hadamar; Public History München und das Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg, das an der Freien Universität Berlin angesiedelt ist.

EB/kna

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