Methadonsubstitution: Abhängige steigen zunehmend auf Alkohol um

Zürich – Die Methadonprogramme im Schweizer Kanton Zürich haben sich auch langfristig als erfolgreich erwiesen. Der Anteil der Abhängigen, die zusätzlich Heroin oder Kokain konsumieren, ist laut einer Studie in Lancet Psychiatry (2017; doi: 10.1016/S2215-0366(17)30080-9) zurückgegangen. Viele Abhängige haben aber den Alkohol als Ersatz entdeckt.
Gegen die in den 1990er-Jahren eingeführten Methadonprogramme wurden vor allen zwei Einwände erhoben. Zum einen wurde befürchtet, dass der allzu bequeme Ausweg in ein Methadonprogramm junge Menschen zum Heroinkonsum verleiten würde. Zum anderen wurde bezweifelt, dass die Methadonsubstitution die Abhängigen vom Heroinkonsum abhalten würde. Beide Entwicklungen sind nicht eingetroffen, wie Marcus Herdener von der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich jetzt im Rückblick auf den Zeitraum von 1998 bis 2014 zeigt.
Die Zahl der Substitutionsbehandlungen sei seit ihrer Einführung in den 1990er-Jahren konstant geblieben, berichtet Herdener. Derzeit würden im Kanton Zürich rund 3.000 Heroinabhängige Opioide wie Methadon, Buprenorphin oder Morphin im Rahmen einer Therapie erhalten. Der illegale Beikonsum sei sogar gesunken. Der Anteil der Patienten, die häufig, mindestens fünf Tage die Woche, Heroin konsumierten, habe sich um mehr als die Hälfte von 14,4 auf sechs Prozent verringert. Der Anteil häufiger Kokainkonsumenten sei von 8,5 auf 4,9 Prozent gesunken. Für viele Teilnehmer des Methadonprogramms habe sich zudem die soziale Situation verbessert.
Immer mehr Patienten haben jedoch eine andere Ersatzdroge entdeckt. Der Alkoholkonsum hat laut Herdener deutlich zugenommen. Fast jeder vierte Patient (22,5 Prozent) zeige einen erhöhten Alkoholkonsum und gefährde dadurch die Leber. Das Organ ist bei vielen Teilnehmern vorgeschädigt, da sie sich bei ihrem früheren intravenösen Drogenkonsum mit Hepatitis B und/oder Hepatitis C infiziert haben.
Andere Studien haben gezeigt, dass immer mehr opioidabhängige Personen an Lebererkrankungen sterben. Herdener sieht hier derzeit einen grossen therapeutischen Handlungsbedarf.
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