Vermischtes

Mindestens 378 Todesfälle durch Ertrinken

  • Dienstag, 9. März 2021
/picture alliance, Uwe Anspach
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Berlin – Im vergangenen Jahr sind in Deutschland mindestens 378 Menschen ertrunken, davon 335 in Binnenge­wässern. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Minus von neun Prozent. Das gab die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) heute in Berlin bekannt.

„Flüsse und Seen sind nach wie vor die größten Gefahrenquellen. Nur vergleichsweise wenige Gewässer­stellen werden von Rettungsschwimmern bewacht. Das Risiko, dort zu ertrinken, ist deshalb um ein Viel­faches höher als an Küsten oder in Schwimmbädern“, sagte Achim Haag, Präsident der Wasserretter.

Viele Monatszahlen sind verglichen mit 2019 zwar rückläufig, doch besonders auffällig ist die starke Zu­nahme an Ertrinkungstoten im August. Hier verzeichneten die Lebensretter mit 117 Opfern einen deutli­chen Anstieg. Im August 2019 waren es noch 45 ertrunkene Personen.

„Besonders das heiße Sommerwetter im August lud die Menschen zu spontanen Ausflügen an die Bin­nen­gewässer und die Strände an Nord- und Ostsee ein“, sagte DLRG Präsident Haag. Dadurch, dass coro­na­bedingt zudem viele Menschen in Deutschland geblieben seien oder Urlaub gemacht hätten, sei der Andrang teilweise sehr groß gewesen. „Unsere Ehrenamtlichen an den vielen Rettungsstationen hatten viel zu tun“, erklärte Haag.

Wie sich schönes Wetter auf die Ertrinkungsfälle auswirken kann, zeigten die Monate Juni, Juli und Au­gust auch 2020. 234 Personen ertranken in diesen immer wieder von Hitzewellen und Trockenheit ge­prägten Monaten. Das sind mehr als 60 Prozent der tödlichen Wasserunfälle des gesamten Jahres.

Die tödlichen Unfälle an den Strandabschnitten der Nord- und Ostsee haben sich im Vergleich zu 2018 und 2019 weiter reduziert. An den Küsten zwischen Borkum und Usedom starben 21 Menschen (sechs in der Nord- und 15 in der Ostsee). Auch die Zahl der Todesfälle in Schwimmbädern nahm ab. 2020 ver­zeich­nete die DLRG-Statistik sechs Opfer (2019: elf ) in Frei-, Hallen- und Naturbädern. In privaten Swimmingpools ertranken zwei Menschen.

Besonders vom Ertrinken betroffen sind Kinder und junge Menschen. 18 Kinder (2019: 17) im Vorschul- und fünf (acht) im Grundschulalter kamen im Wasser ums Leben. DLRG-Präsident Haag: „Hier ist sicher­lich die bereits an sich zurückgehende Schwimmfertigkeit bei den Kindern eine Ursache, was das Coro­najahr 2020 durch längerfristig geschlossene Bäder leider nur verschlimmert hat.“

So sorgten die sich zunehmend verschlechternden Rahmenbedingungen dafür, dass weniger junge Men­schen schwimmen lernten. „Das Jahr 2020 war für die Schwimmausbildung ein verlorenes Jahr“, beklagte Haag. „Diese Entwicklung ist alarmierend und hat bereits vor der Pandemie begonnen.

Fast 25 Prozent aller Grundschulen können laut DLRG keinen Schwimmunterricht mehr anbieten, weil ihnen kein Bad zur Verfügung steht. Ausbildende Verbände wie die DLRG haben lange Wartelisten von ein bis zwei Jahren für einen Schwimmkurs. „Mehr als jeder zweite Grundschulabsolvent ist kein sicherer Schwimmer mehr“, sagte der DLRG-Präsident.

„Die Anstrengungen müssen deutlich intensiviert werden, um marode Bäder zu sanieren und Schulun­ter­richt sicher zu stellen. Sobald die Bäder wieder öffnen können, gilt es, zusätzliche Wasserzeiten für die Ausbildung zu schaffen.“

Auch der Deutsche Schwimmlehrerverband befürchtet, dass durch ausfallenden Schwimmunterricht we­gen der Coronapandemie die Zahl der Nichtschwimmer deutlich steigt. „Man kann wirklich sagen, das Jahr 2020 war eine einzige Katastrophe zum Thema sicheres Schwimmenlernen für unsere Kinder – und für unsere Erwachsenen übrigens auch“, sagte Verbandspräsident Alexander Gallitz.

Durch die zwischenzeitig komplette Schließung von Schwimmbädern in der Pandemie hätten gleich meh­rere Altersstufen von Kindern das Schwimmen zuletzt nicht richtig gelernt. Zigtausende Kinder sei­en betroffen, betonte Gallitz – konkrete Zahlen nannte er nicht.

Neben Corona seien es aber auch strukturelle Probleme, die sich schon länger negativ auf die Schwimm­fähigkeiten vieler Menschen auswirkten. So gebe es in Deutschland grundsätzlich nicht genug Schwimm­­­lehrer und Schwimmbäder, kritisierte Gallitz. „Wir bewegen uns leider zu einem „Deutschland, das Land der Nichtschwimmer“.

Große Sorgen habe er vor allem beim Gedanken daran, dass nicht geübte Schwimmer, die sowieso schon unsicher seien, ohne weitere Schwimmübungen alleine an Seen oder ans Meer gingen, sagte Gallitz.

dpa/may

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