Montgomery gegen organisierte Selbsttötung
Berlin – In der Debatte um die Sterbehilfe hat sich der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Frank Ulrich Montgomery, erneut gegen jede organisierte Hilfe zur Selbsttötung ausgesprochen. „Wir müssen der gewerbsmäßig organisierten Sterbehilfe und den nur scheinbar altruistischen Sterbehilfevereinen das Handwerk legen“, sagte er dem Berliner Tagesspiegel (Online). „In unserer Gesellschaft darf kein Platz sein für Todesengel, die Giftcocktails reichen und damit Geschäfte machen wollen.“
Montgomery lehnt auch einen ärztlich assistierten Suizid ab und appellierte an das Berufsethos der Mediziner, die „Hilfe zum Leben leisten, nicht Hilfe zum Sterben“. Tötung auf Verlangen müsse verboten werden, sagte Montgomery. Sie enge das Leben ein, erhöhe den gesellschaftlichen Druck auf kranke, demente und vereinsamte Menschen und „wäre der Schritt zur Euthanasie“. Der BÄK-Präsident plädiert stattdessen für „die Sicherheit einer optimalen Behandlung, eines würdigen Lebens und natürlichen Sterbens.“
Am Mittwochabend hatte sich auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) bei einem Empfang des Erzbistums Berlin erneut für ein Verbot jeder organisierten Beihilfe zum Suizid ausgesprochen. Zugleich betonte er, die Beihilfe zur Selbsttötung schwerstkranker Menschen solle in Deutschland auch nicht Teil des ärztlichen Therapieangebots werden.
Vielmehr solle in die palliative Versorgung unheilbar kranker Menschen und in eine humane Sterbebegleitung investiert werden. Je breiter und zuverlässiger die Versorgung auf diesem Gebiet sei, desto weniger Nachfrage nach Beihilfe zur Selbsttötung werde es geben. Gröhe lobte in diesem Zusammenhang die zahlreichen Hospizangebote, die unter anderem die Kirchen in den vergangenen Jahren aufgebaut hätten.
Der scheidende Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki forderte mehr palliativmedizinische Angebote vor allem im ländlichen Raum. Es hätten „längst nicht alle Zugang zu einer ausreichenden Palliativversorgung“, erklärte der künftige Kölner Erzbischof. Zugleich lobte er das ehrenamtliche Engagement in der Sterbehilfe.
Die Hospizbewegung sei „ein großer Segen für die Patienten und ihre Familien“, betonte Woelki, der die Caritaskommission der Deutschen Bischofskonferenz leitet. Eine solche Sterbehilfe trage dazu bei, die Angst vor einem qualvollen Tod zu nehmen. Dies entkräfte die wachsenden Forderungen, Ärzten gesetzlich zu gestatten, Patienten bei einer Selbsttötung aktiv zu unterstützen.
Der Berliner Arzt und Hospizgründer Michael de Ridder verteidigte die Forderungen nach einer Legalisierung des assistierten Suizids. Er plädierte dafür, einem Arzt zu gestatten, dass er in bestimmten medizinischen Grenzfällen einem solchen Patientenwunsch entspricht. Es müsse dann der Gewissensentscheidung des Mediziners überlassen bleiben. Dagegen erklärte Woelki, solche Entscheidungen dürften nicht von einer individuellen „Gewissensformung“ abhängig sein. Auch das Gewissen eines Arztes müsse sich an bestimmten Normen orientieren.
Die im Hospizdienst engagierte Berliner Franziskanerin Hannelore Huesmann betonte, ein scheinbar eindeutiger Wunsch nach Suizid sei oft hinterfragbar. Oft wolle ein Patient damit sagen: „Ich will so nicht mehr leben“, und ändere seine Einstellung, wenn ihm palliativmedizinisch geholfen werde. Die Berliner Caritasdirektorin Ulrike Kostka betonte, zu den Verdiensten der Hospizbewegung gehöre es, dass solche Fragen immer weniger tabuisiert würden.
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