Ärzteschaft

Nachbesetzung von Sitzen: Chirurgen kritisieren Urteil des Bundes­sozialgerichtes

  • Freitag, 14. Oktober 2016
Uploaded: 21.09.2012 12:40:31 by mis
/Fotolia/Gorden Grand

Berlin – Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen (BDC) hat das Ende September vom Bundessozialgericht (BSG) gefällte Urteil zur Nachbesetzung von chirurgischen Ver­tragsarztsitzen (B 6 KA 40 / 15 R) kritisiert. Der Rechtsspruch gefährde die zukünftige Pa­tientenversorgung in chirurgischen Arztpraxen, da er die Übernahme einer bestehen­den chirurgischen Facharztpraxis durch den größten Teil der niederlassungs­willigen Fach­ärzte aus dem Gesamtgebiet der Chirurgie verbiete, so der Verband.

Das BSG hatte geurteilt, das Fachärzte für Orthopäden und Unfallchirurgie Vertragsarzt­sitze nur dann übernehmen dürfen, wenn der abgebende Inhaber neben dem Facharzt für Chirurgie auch die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie führt. Damit wird laut BDC die Weitergabe eines Großteils der chirurgischen Praxen nicht mehr möglich sein.

„Die Kollegen werden keine Nachfolger mehr finden, da abgesehen von wenigen Spe­zi­a­listen die Kernarbeit in der Betreuung von Patienten mit Erkrankungen oder Verletzun­gen des Bewegungsapparates liegt“, sagte Jörg-Andreas Rüggeberg, BDC-Vizeprä­si­dent. Das bedeute einen flächendeckenden Verlust einer wichtigen Behandlungsebene für die Bevölkerung in Form der ambulanten Basischirurgie. „Ein kompletter Versor­gungs­bereich wird durch Richterspruch abgeschafft werden, und die Patienten werden stattdessen die Krankenhausambulanzen aufsuchen müssen, die für diese Aufgabe keine ausreichenden Kapazitäten besitzen", warnte Rüggeberg.

Dringend geboten ist aus seiner Sicht eine umgehende Änderung der Bedarfsplanung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss, um die geänderte Weiterbildung von Chi­rurgen und Orthopäden so zu berücksichtigen, dass auch weiterhin eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit basischirurgischen und daneben auch hochspezia­lisier­ten chirurgischen Behandlungsformen garantiert wird.

Denn dem Verband zufolge gibt es den Facharzt für Chirurgie heute nicht mehr. Stattdessen sei das Gesamtgebiet aufge­teilt in acht verschiedene Fachsäulen wie etwa Gefäßchirurgie oder Kinderchirurgie. Auch der bisherige Facharzt für Orthopädie sei abgeschafft worden und mit der Unfall­chirurgie zu einem gemeinsamen Facharzt verschmolzen.

Der Berufsverband kritisierte, dass trotz dieser Änderung der Facharztweiterbildung die Bedarfsplanung nicht geändert worden ist. Hier gebe es unverändert zwei getrennte Planungsbereiche Orthopädie und Chirurgie, obwohl die zugehörigen Fachärzte in die­ser Form nicht mehr nachgebildet werden. „Es darf nicht passieren, dass Gerichte in die chirurgische Versorgungslandschaft eingreifen, nur weil notwendige Entscheidungen nicht rechtzeitig getroffen werden", sagte BDC-Präsident Hans-Joachim Meyer.

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin hat die Entscheidung des BSG dagegen ausdrücklich begrüßt. Ihrer Meinung nach führt die Möglichkeit der Nachbesetzung von Chirurgen durch Orthopäden und Unfallchirurgen langfristig dazu, dass in Berlin Prob­leme in der Sicherstellung in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung entstünden. Denn damit würde die Zahl der Chirurgen stetig sinken, während die Zahl der Orthopä­den und damit auch das Risiko zum Praxisaufkauf in freiberuflichen Nachbesetzungs­ver­fahren stiegen.

Auch wenn es gerade unter Berücksichtigung des aktuellen ärztlichen Weiter­bildungs­rech­tes eine weite Überschneidung zwischen beiden Fachgebieten gebe, seien dennoch enorme Unterschiede gegeben, hieß es dazu von der KV. Langfristig bestünde die Ge­fahr, dass bestimmte Leistungen im ambulanten Bereich nicht mehr angeboten werden könnten.

hil/sb

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