Politik

Nagelspangen­behandlung: Kasse muss Podologie wegen Systemversagens bezahlen

  • Montag, 6. November 2017
/dpa
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Berlin – Bei der Nagelspangenbehandlung müssen die Krankenkassen die Kosten in Einzelfällen bei einem Systemversagen auch für einen staatlich geprüften Podologen übernehmen. Diese Grundsatzentscheidung hat der 9. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (LSG BB) heute bekannt gegeben (Az.: L 9 KR 299/16).

Den Richtern des 9. Senats zufolge ist die Nagelspangenbehandlung eine ärztliche Leistung. Stehe im Einzelfall fest, dass die Behandlung medizinisch notwendig sei und dass kein Arzt die Leistung erbringen wolle, liege ein „Systemmangel“ vor. „Der Versicherte darf die Leistung dann von einem staatlich geprüften Podologen erbringen lassen und kann von der gesetzlichen Krankenkasse Kostenerstattung beanspruchen“, urteilte der Senat. Anspruch auf Versorgung mit Leistungen der medizinischen Fußpflege besteht nach geltendem Recht ansonsten grundsätzlich nur beim diabetischen Fußsyndrom.

Keinen Leistungserbringer gefunden

Im vorliegenden Fall leidet eine gesetzlich krankenversicherte Frau unter einem chronifiziert eingewachsenen Zehnagel. Medizinisch notwendig ist in diesem Fall die Behandlung mit einer individuell gefertigten Nagelkorrekturspange. Dabei handelt es sich um einen aus Draht oder Kunststoff konstruierten Bügel mit Haken und Ösen, der unter dem freien Nagelrand angebracht wird und in längerer Prozedur den Nagel in seine ursprüngliche Form heben soll; nach Anlegen der Spange muss ihr Sitz wiederholt angepasst werden.

Die Patientin fand jedoch keinen Arzt, der diese Behandlung erbringen konnte oder wollte. Weder Krankenkasse noch Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin konnten dem Gericht zufolge einen ärztlichen Leistungserbringer benennen. Daraufhin begab die Klägerin sich in die Behandlung einer medizinischen Fußpflegerin, die die Nagelkorrekturspange anlegte und ihren Sitz laufend regulierte.

Eine Erstattung der Kosten für die medizinische Fußpflege lehnte die Krankenkasse danach allerdings ab. Sie begründete, dabei handele es sich um eine ärztliche Behandlung. Die Kosten der medizinischen Fußpflege müsste die gesetzlichen Krankenversicherung nicht tragen.

Das LSG sah das nun anders und folgt mit seiner Entscheidung dem Urteil des Sozialgerichts Berlin. Das hatte ebenfalls entschieden, dass die Kasse zur Kostenerstattung verpflichtet ist. Die Entscheidung des LSG BB ist noch nicht rechtskräftig. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Gericht die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

may/EB

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