„Nebenbefund“ Corona im Krankenhaus häuft sich

München/Erlangen – In der Omikronwelle ist in Bayerns Krankenhäusern ein hoher Anteil von Coronapatienten nicht wegen COVID-19 in Behandlung, sondern wegen anderer Krankheiten.
Das gilt aber nur für Patienten auf den Normalstationen. Beim überwiegenden Teil der Coronaintensivpatienten ist COVID-19 auch die Hauptdiagnose, wie fünf Universitätskliniken und die RoMed-Kliniken Rosenheim auf Anfrage berichten.
Die Zahlenverhältnisse sind allerdings regional sehr unterschiedlich. So wurden in der Würzburger Uniklinik am vergangenen Dienstag 28 mit dem Coronaerreger infizierte Patienten auf den Normalstationen behandelt – davon sieben mit Hauptdiagnose Corona, 21 dagegen wegen anderer Krankheiten.
Das Uniklinikum rechts der Isar in München antwortete, dass die Mehrheit der aktuell mit dem Coronaerreger infizierten Patienten „nicht mehr wegen schwerer COVID-19-Verläufe, sondern aus anderen medizinischen Gründen und einer nebenbefundlichen SARS-CoV-2-Infektion“ aufgenommen werde.
Das nahe Klinikum der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität bezifferte den Anteil der Patienten auf Normalstationen, die wegen einer SARS-CoV-2-Infektion aufgenommen und derzeit in COVID-19-Stationen behandelt werden, auf über 65 Prozent.
Am Rosenheimer Hauptstandort der RoMed-Klinken wurden vorgestern von 32 Coronapatienten auf Normalstationen 15 wegen der Hauptdiagnose Corona behandelt – bei den 17 anderen war COVID-19 der Nebenbefund.
Das Uniklinikum Regensburg nannte die Zahlen für den ganzen Januar: 35 Patienten wurden auf der COVID-19-Allgemeinstation aufgenommen, 14 davon primär wegen ihrer Coronavirusinfektionen, die übrigen 21 wegen anderer Grunderkrankungen.
Allerdings betonen mehrere Krankenhäuser, dass die Differenzierung zwischen Haupt- und Nebendiagnose Corona erstens schwierig und zweitens auch nicht in jedem Fall sinnvoll sei. Eine scharfe Trennung zwischen Hospitalisierung „mit“ oder „wegen“ SARS-CoV-2 sei insbesondere bei multimorbiden Patienten nicht möglich, hieß es im Klinikum rechts der Isar.
„Auf den Intensivstationen sind fast alle Coronapatienten wegen COVID-19 auf der Intensivstation, meist wegen einer Lungenentzündung, in seltenen Fällen wegen vaskulärer Komplikationen, vor allem Herzinfarkt und Schlaganfälle“, sagte Thomas Harrer, Schwerpunktleiter Infektiologie und Immundefizienz der Medizinischen Klinik 3 des Universitätsklinikums Erlangen.
„Da dieses Virus die Gefäße durch Infektion von Gefäßzellen schädigt, gehe ich davon aus, dass diese Patienten diese Gefäßerkrankungen nicht beziehungsweise nicht zu diesem Zeitpunkt bekommen hätten, wenn sie nicht coronainfiziert worden wären.“
Auf den Allgemeinstationen sei schwieriger zu differenzieren, „wer wegen Corona in die Klinik kommt und wer wegen anderer Erkrankungen in die Klinik aufgenommen wurde und zufälligerweise auch eine Coronainfektion hatte“, so der Medizinprofessor.
Die überwiegende Mehrzahl der Erwachsenen komme immer noch wegen Corona in die Klinik. „Dabei muss berücksichtigt werden, dass SARS-CoV-2 nicht nur eine Lungenentzündung auslöst, sondern auch gastrointestinale Beschwerden wie Durchfälle, Bauchschmerzen und Gefäßprobleme wie Thrombosen, Infarkte, Schlaganfälle bewirkt.“
Eine gleichzeitige virale Infektion erhöhe auch das Risiko für andere Infektionen. „So dass man annehmen muss, dass der Verlauf von anderen Erkrankungen durch eine Coronainfektion schwerer verläuft.“
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