Neue Leitlinie zu Opioidfehlgebrauch in der Schmerztherapie

Frankfurt am Main – Eine eigene Praxisleitlinie zur Substitutionsbehandlung bei Opioidfehlgebrauch in der Schmerztherapie hat die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) vorgestellt. Interessierte können sie in den kommenden vier Wochen kommentieren. Hintergrund der Leitlinie ist, dass rund drei Prozent der Patienten mit einer Langzeitverordnung von Opioiden zur Schmerztherapie während der Therapie einen Fehlgebrauch entwickelten.
„Wirklich belastbare Daten gibt es aber nicht. Die Anzahl von Patienten mit diesbezüglichen Problemen im Zuge einer Schmerzbehandlung mit Opioiden dürfte bei Patienten mit vorbestehenden Opioidproblemen oder anderen Abhängigkeitserkrankungen eher höher liegen“, hieß es aus der DGS.
„Wir müssen aufpassen, was wir verschreiben, und die Vorgeschichte des Patienten kennen. Wer eine Sucht hatte oder hat, neigt zu einer weiteren“, erklärte der DGS-Experte Manfred Nowak aus Landau. Hellhörig sollten Ärzte auch werden, wenn Patienten als Jugendliche in der Pubertät schon Alkohol konsumiert hätten, das bedeute auch später ein Suchtrisiko, so Nowak.
„Für neuropathische und nozizeptive Schmerzen kommen Opioide als Therapieoption im Rahmen eines Gesamtkonzepts infrage, falls andere Therapien unzureichend wirken. Die Indikation zum Einsatz von Opioiden muss aber sorgfältig gestellt werden und erfordert ein enges Monitoring des individuellen Nutzen-Risiko-Profils sowie eine regelmäßige Re-Evaluierung der Schmerzerkrankung“, erläuterte Oliver Emrich, DGS-Vizepräsident aus Ludwigshafen und federführender Autor der Leitlinie.
Hinweise für eine Abhängigkeit sind laut der Leitlinie unter anderem das Anlegen von Vorräten, das Einholen von Rezepten bei verschiedenen Ärzten, eigenmächtige Dosiserhöhungen und Änderungen des Einnahmegrunds, so etwa bei Disphorie und nicht mehr in erster Linie zur Schmerzreduktion. Bei Über- oder Fehlgebrauch könnten Ärzte aber häufig leicht substituieren. Als Oxycodon-Substitution etwa eigne sich zum Beispiel besonders L-Polamidon (Methadon) und Buprenorphin.
Laut der Fachgesellschaft könne grundsätzlich jeder Arzt eine Substitutionsbehandlung durchführen. Da Abhängigkeit aber neben der physiologischen Toleranzentwicklung immer auch eine psychische Komponente enthalte, rät Emrich: „Nehmen Sie einen Suchtmediziner hinzu“.
Die DGS-Praxisleitlinie besteht in ihrer Kommentierungsversion aus 66 Aussagen. Interessierte können sie online lesen und die Aussagen einzeln kommentieren.
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