Neue Therapien in der Pädiatrie erfordern frühere Diagnose

Berlin – Advanced Therapy Medicinal Products (ATMP) gewinnen in der Kinder- und Jugendmedizin immer mehr an Bedeutung. Gemeint sind unter anderem neuartige Therapien, die mittels Gentransfer und genmodifizierten Zellen vorgehen. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) hat zu dem Einsatz dieser innovativen Verfahren, ihren Chancen und Herausforderungen, nun eine Stellungnahme ausgearbeitet.
„Da die ATMP nicht in der Lage sein werden, bereits eingetretene Organschäden aufzuheben, ist die frühestmögliche Diagnostik unabdingbar für den Nutzen der neuartigen Arzneimittel. Sie muss deutlich früher als bisher vorliegen, um irreversible Schäden verhindern zu können, und das erfordert auch neue Screeningmethoden“, sagte Wolfgang Rascher, Vorsitzender der Task Force Arzneimittel für neuartige Therapien der DGKJ.
Bislang hat die Europäische Arzneimittelagentur zehn neue derartige Arzneimittel zugelassen, von denen sechs überwiegend in der Kinder- und Jugendmedizin auftretende Erkrankungen betreffen. Ein Beispiel ist das Mittel Zolgensma, dessen Einsatz bei spinaler Muskelatrophie große Aufmerksamkeit erhalten hat – und das durch eine angedachte Lotterie für die Zuteilung des Medikaments heftige Kontroversen auslöste. Dies zeige, dass der Einsatz der neuen Verfahren auch ethische Herausforderungen stelle.
„Die Indikation für eine Behandlung mit ATMP muss immer aufgrund wissenschaftlicher und klinischer Kriterien gestellt werden, und die Familien brauchen eine umfassende Aufklärung, gerade auch über Risiken des neuartigen Arzneimittels. Wir brauchen dafür ein konzertiertes Vorgehen zwischen Gesellschaft, Betroffenen, Kostenträgern, Behörden und Industrie – und behandelnden Ärzten“, sagte Ulrike Schara, Sprecherin der Task Force.
Auch die Zulassung der ATMP unterliegt anderen Kriterien als herkömmliche Arzneimittel, die in randomisierten kontrollierten Studien geprüft werden können.
Werden ATMP zugelassen, sind sie noch nicht in ausreichender Anzahl angewendet und häufig noch nicht im direkten Vergleich mit der zweckmäßigen Standardtherapie geprüft worden, sodass die notwendigen Erkenntnisse für eine umfassende Bewertung noch nicht vorliegen können.
„Dieser Umstand erfordert einen höheren Aufwand der Behandlung und der strukturierten Dokumentation der Anwendung und des Verlaufes“, heißt es in der Stellungnahme. Eine Behandlung müsse daher unter strengen Auflagen in spezialisierten Behandlungszentren erfolgen, so die DGKJ.
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