Politik

G-BA erweitert Früherkennungs­untersuchung bei Neugeborenen auf spinale Muskelatrophie

  • Donnerstag, 17. Dezember 2020
Ein Beatmungsgerät steht hinter einem Kind, das an spinaler Muskelatrophie (SMA) leidet./ picture alliance, Sebastian Gollnow
Ein Beatmungsgerät steht hinter einem Kind, das an spinaler Muskelatrophie (SMA) leidet./ picture alliance, Sebastian Gollnow

Berlin – Das Screening auf spinale Muskelatrophie (SMA) wird Bestandteil der Früherkennungsuntersu­chungen bei Neugeborenen. Einen entsprechenden Beschluss fasste heute der Gemeinsame Bundesaus­schuss (G-BA).

„Für die spinale Muskelatrophie existiert ein sehr sicheres Nachweisverfahren“, betonte Monika Lelge­mann, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses Methodenbewertung. Würden Kinder mit spinaler Muskelatrophie früh behandelt, könnten sie nachweislich motorische Fähig­keiten wie Sitzen, Krabbeln, Stehen oder Gehen besser entwickeln.

Für die schwerste Form der SMA stünden seit kurzem mit dem Arzneimittel Spinraza und der Genthera­pie Zolgensma neue Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung – mit der Einschränkung, dass hier noch keine Langzeitstudien vorlägen. Der G-BA habe die Anwendung von Zolgensma deshalb an hohe Quali­täts­standards geknüpft.

Zudem werde man vom Hersteller eine anwendungsbegleitende Datenerhebung fordern, um so weitere Erkenntnisse über den langfristigen Nutzen der Behandlung zu gewinnen.

Jährlich 80 bis 120 Neugeborene mit spinaler Muskelatrophie

Die spinale Muskelatrophie ist eine seltene, genetisch bedingte neuromuskuläre Erkrankung mit einem fortschreitenden Absterben von motorischen Nervenzellen im Rückenmark. Sie geht einher mit Muskel­schwäche und Skelettverformungen und führt in der schwersten Form unbehandelt zum Tod. Jährlich wer­den in Deutschland etwa 80 bis 120 Kinder mit dieser genetisch bedingten Krankheit geboren, davon mindestens die Hälfte mit SMA Typ 1, der schwersten Form der SMA.

Das erweiterte Neugeborenenscreening ist eine Blutuntersuchung, bei der Neugeborenen einige Tropfen Blut aus der Ferse entnommen werden. Sie soll möglichst zwischen der 36. und 72. Lebensstunde statt­finden. Ein auffälliger Befund wird dann durch ein weiteres Diagnoseverfahren überprüft. In Abhängig­keit dieses Befundes wird über das therapeutische Vorgehen gemeinsam mit den Eltern fachärztlich ent­schieden.

Der Beschluss, der die Kinder-​Richtlinie ergänzt, tritt nach Nichtbeanstandung durch das Bundesministe­rium für Gesundheit (BMG) und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Bei G-​BA-Beschlüssen, die eine genetische Reihenuntersuchung regeln, ist die Sicht der Gendiagnostik-​Kommission (GEKO) einzu­beziehen (§ 16 Abs. 2 Gendiagnostik-​Gesetz). Diese wird dem G-BA im Nachgang zur Beschlussfassung übermittelt.

Um den Diagnostiklaboren genügend Zeit für die Implementierung einzuräumen, sind die beschlossenen Änderungen erst nach Ablauf von sechs Monaten ab ihrem Inkrafttreten anzuwenden. Innerhalb dieses Zeitraums müssen auch die Vertretungen von Ärzteschaft und Krankenkassen im Bewertungsausschuss über eine Abrechnungsziffer entscheiden.

Der G-BA rechnet damit, dass die genannten Schritte im dritten Quartal 2021 abgeschlossen sind und dann das ergänzte Screening angeboten werden kann. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt die Kinder-​Richtlinie in ihrer vor dem Inkrafttreten dieses Beschlusses geltenden Fassung.

aha/EB

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