Neue US-amerikanische Zielblutdruckwerte: Deutsche Hochdruckliga hält vorerst an bestehenden Grenzwerten fest

Heidelberg – Diese Woche haben das American College of Cardiology (ACC) und die American Heart Association (AHA) ihre neuen Hypertonie-Leitlinien präsentiert. Diese klassifizieren bereits Blutdruckwerte von 130 bis 139 mmHg systolisch und 80 bis 89 mmHg diastolisch als Hypertonie Grad 1. Patienten sollen künftig früher ihren Lebensstil anpassen, um Blutdruckwerte zu normalisieren. Falls das nicht möglich ist, können Medikamente zum Einsatz kommen. Die Deutsche Hochdruckliga (DHL) kündigt an, die neuen Empfehlungen zu prüfen, plädiert jedoch dafür, moderate Ziele für die Blutdrucksenkung anzusetzen. Um frühzeitig Lebenstiländerungen einzuleiten, bedürfe es keiner neuen Einstufung, heißt es in einer Stellungnahme.
Es ist seit Jahrzehnten bekannt, dass das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Allgemeinbevölkerung bereits ab Blutdruckwerten von über 115/75 mmHg deutlich ansteigt, das heißt, die Gefahr zu erkranken, besteht auch schon im hochnormalen Blutdruckbereich. Deshalb ist und war eine Festlegung der anzustrebenden Zielwerte für die Blutdrucksenkung immer auch eine Ermessensfrage, heißt es in der Stellungnahme der DHL. Derzeit empfiehlt die DHL die Senkung des Blutdrucks generell auf unter 140/90 mmHg und auf unter 135/85 mmHg bei kardiovaskulären (Hoch-)Risikopatienten. Die amerikanischen Fachgesellschaften setzten sich seit Veröffentlichung der SPRINT-Studie hingegen für eine intensive Senkung des Blutdrucks auf unter 130/80 mmHg ein. Hierzu passt die jetzt neue Definition des Bluthochdrucks in der Leitlinie.
„Eine Absenkung des Blutdruckgrenzwertes auf unter 130/80 mmHg, wie in den USA jetzt vorgeschlagen wurde, würde Betroffene und Ärzte für das bereits bei diesen Blutdruckwerten bestehende mäßig erhöhte Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen sensibilisieren. Dies könnte dazu anregen, früher Lebensstiländerungen wie Gewichtsreduktion, kochsalzarme Kost, gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung vorzunehmen“, sagt Bernhard Krämer, DHL-Vorstandsvorsitzender. „Andererseits werden durch eine Absenkung der Blutdruckgrenzwerte deutlich mehr Menschen als bisher als Patienten eingestuft. Es liegen bislang jedoch keine Beweise dafür vor, dass die medikamentöse Blutdrucksenkung für die allermeisten Menschen mit hochnormalen Blutdruckwerten positive Effekte hat. Selbstverständlich kann man auch bereits bei einem hochnormalen Blutdruck Lebensstiländerungen vornehmen, ohne den Patienten dafür als hochdruckkrank einstufen zu müssen“, ergänzt der Vorstandsvorsitzende.
Die Deutsche Hochdruckliga und die europäischen Hochdruckfachgesellschaften werden die aktuellen Vorschläge aus den USA nun in ihre Überlegungen zur Überarbeitung ihrer Leitlinien mit einbeziehen.
„Aufgrund der erweiterten Datenlage nach SPRINT sowie darauf bezogener Publikationen und Metaanalysen empfehlen wir jedoch weiterhin einen generellen Zielwert von unter 135/85 mmHg bei einer Selbstmessung“, sagt Peter Trenkwalder, stellvertretender DHL-Vorstandsvorsitzender und Mitglied der Task Force Wissenschaftliche Stellungnahmen und Leitlinien der DHL. In Deutschland werde der moderate Zielblutdruck derzeit bei weniger als 60 Prozent der Patienten erreicht. „Wichtigstes Behandlungsziel für alle Ärzte muss daher sein, dass dieses Blutdruckziel erreicht wird“, fordert der Experte.
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