Ärzteschaft

Neuer Coronaimpfstoff jetzt bestellbar, Forderung nach Einzeldosen

  • Mittwoch, 6. September 2023
/picture alliance, Sven Hoppe
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Berlin – Arztpraxen können den an die Omikron-Variante XBB.1.5 angepassten COVID-19-Impfstoff von Bion­tech/Pfizer jetzt für die Woche ab dem 18. September bestellen. Darauf hat die Kassenärztliche Bundesverei­ni­gung (KBV) hingewiesen.

Nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) stellt der Bund zunächst das Impfstoffprodukt „Comirnaty 30 Mikrogramm/Dosis Omicron XBB.1.5 Injektionsdispersion“ bereit, das für Personen ab zwölf Jahren zur Grund­immunisierung und Auffrischimpfung zugelassen ist.

Das neue Vakzin ist seit Anfang September in der Europäischen Union (EU) zugelassen. Es soll besser vor ak­tu­ell zirkulierenden Virusvarianten schützen. Die ebenfalls zugelassenen Formulierungen des Impfstoffes für fünf bis elfjährige Kinder sowie für Säuglinge und Kleinkinder ab sechs Monaten sollen zu einem späteren Zeitpunkt folgen.

Eine erste Auslieferung des angepassten monovalenten mRNA-Impfstoffs an die Praxen soll nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) am 18. September erfolgen. Dazu reichen Ärztinnen und Ärzte ihre Bestellung bis Dienstag, 12. September, 12 Uhr, bei der Apotheke ein.

Praxen geben für die Bestellung des neuen Vakzins auf dem Rezept den Impfstoffnamen „Comirnaty 30 Mikro­gramm/Dosis Omicron XBB.1.5“ an. Sie können jeweils bis zu 240 Dosen je Arzt oder Ärztin anfordern. „Eine Bestellung ist wie bisher wöchentlich möglich, eine Bevorratung sollte daher nicht erfolgen“, empfiehlt die KBV.

Der Impfstoff wird als Fertiglösung geliefert und muss nicht mit Natriumchlorid (NaCI) verdünnt werden. Für Lagerung und Haltbarkeit gelten die gleichen Vorgaben wie für die bisherigen COVID-19-Impfstoffe von Biontech/Pfizer. „Das Impfzubehör (Spritzen, Kanülen) bestellen Praxen wie bei anderen Impfstoffen auch über ihre Apotheke“, so die KBV.

Die KBV begrüßt die Verfügbarkeit des Impfstoffes, befürchtet aber einen erheblichen bürokratischen Auf­wand – denn der Impfstoff werde nach wie vor in Fläschchen mit sechs Dosen ausgeliefert. „Es ist völlig un­verständlich, dass der Bund auch fast drei Jahre nach Start der COVID-19-Impfung noch immer keine Einzel­dosen bereitstellen kann“, kritisiert der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende Stephan Hofmeister.

Einen „organisatorischen Overkill“ befürchtet auch der Deutsche Hausärzteverband. Es sei „sehr ärgerlich“, dass es das Vakzin nicht als Einzeldosis gebe sagte die Vize-Verbandsvorsitzende Nicola Buhlinger-Göpfarth dem Spiegel.

Kritik kommt auch aus der Wissenschaft: „Die Tatsache, dass es von Biontech/Pfizer nur Sechservials gibt halte ich für unglücklich, da es die Impflogistik insbesondere in den Praxen deutlich erschwert. Ich finde es etwas enttäuschend, dass es dem Hersteller nicht gelungen ist, hier praktischere Lösungen anzubieten“, sagte der Direktor der Klinik für Infektiologie und Intensivmedizin der Charité, Leif Erik Sander, dem Deutschen Ärzte­blatt.

KBV-Vize Hofmeister forderte das BMG auf, dafür zu sorgen, dass die Ärzte ohne hohen bürokratischen Auf­wand impfen könnten. Dazu gehöre auch die Abschaffung der wöchentlichen Meldung von tagesgenauen Impfdaten.

„Es gibt in der endemischen Situation keine Notwendigkeit, neben der quartalsweisen Dokumentation zusätz­liche Impfdaten bereitzustellen“, sagte Hofmeister. Der Mehraufwand in den Praxen stehe in keinem Verhältnis zum Nutzen. Die überbordenden Meldevorgaben müssten endlich an die anderen Impfungen angepasst werden, so die Forderung der KBV.

Das BMG wies heute darauf hin, dass es im Zentrallager des Bundes noch Moderna-Impfstoff gebe. Wenn Ärzte diesen verordneten, werde er geliefert und bezahlt, erklärte das Ministerium. Für den angepassten Impfstoff von Moderna gebe es aber noch keine Zulassung, hieß es.

Wenn diese vorliege und sich Moderna entscheide, ihn im Rahmen der Regelversorgung anzubieten, werde der Impfstoff auch von der Krankenkasse bezahlt, wenn Ärzte ihn im Rahmen der STIKO-Empfehlung verord­nen, teilte das BMG weiter mit. Das Ministerium wies damit Angaben des Apothekerverbands Nordrhein in der Rheinischen Post zurück, nur noch Impfstoff von Biontech werde vom Bund bezahlt.

Moderna teilte dem Deutschen Ärzteblatt mit, dass man den aktualisierten Coronaimpfstoff – vorbehaltlich seiner Zulassung – „rechtzeitig zur Impfsaison in Deutschland als Einzeldosis-Durchstechfläschchen zur Verfügung stellen“ wolle.

Die Organisation der Coronaimpfungen war zu Ostern vom vorherigen Krisenmodus in die reguläre Versor­gung in den Praxen übergegangen. Rahmen für den Anspruch auf kostenfreie Impfungen ist nun eine Richt­linie, die sich an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) orientiert. Laut einer Bundesver­ordnung sind Impfungen auf Kassenkosten aber weiterhin auch darüber hinaus möglich, wenn eine Ärztin oder ein Arzt es für medizinisch erforderlich hält.

Die akutellen Empfehlungen STIKO zur COVID-19-Impfung stammen aus dem Mai diesen Jahres. Die Kommis­sion empfiehlt unter anderem allen Personen ab 18 Jahren eine Basis­immunität gegen SARS-CoV-2, die aus drei Antigenkontakten besteht.

Zudem werden für Risikogruppen weitere Auffrischimpfungen empfohlen. Dazu gehören ab 60-Jährige, Be­wohner in Pflegeeinrichtungen und Personen mit bestimmten Vorerkrankun­gen. Gesunden Säuglingen, Kin­dern und Jugendlichen unter 18 Jahren wird derzeit keine COVID-19-Impfung (Grundimmunisierung oder Auffrischimpfung) empfohlen.

Im Zentrallager des Bundes gibt es laut Ministerium aktuell noch rund 11,7 Millionen Dosen Impfstoff, der an die Varianten BA.4 und BA.5 angepasst ist, sowie 1,9 Millionen Dosen für die Variante BA.1. Darüber hinaus sollen laut BMG für diesen Herbst und Winter rund 14 Millionen Dosen von Biontech in Deutschland zur Ver­fügung stehen, die an aktuelle Virusvarianten angepasst sind.

Ausgeliefert werden sollen sie zwischen September und November, wie das BMG mitteilte. Erwartet werden voraussichtlich 13,6 Millionen Dosen für Menschen ab zwölf Jahren, 300.000 Dosen für Kinder von fünf bis elf Jahren sowie 200.000 Dosen für Kleinkinder. Es handelt sich dabei um ein auf die Omikron-Sublinie XBB.1.5 angepasstes Präparat, das besser gegen aktuell kursierende Virusvarianten schützen soll.

Für die Impfsaison erwartet werden vorbehaltlich einer Zulassung durch die Europäische Kommission dem­nach außerdem auch 10,6 Millionen Dosen der an die Variante XBB.1.5. angepassten Impfstoffe des Her­stellers Novavax. Sie sollen voraussichtlich im vierten Quartal zur Verfügung stehen. Über den Lieferplan werde noch mit dem Hersteller verhandelt, hieß es. Der Hersteller teilte auf Nachfrage mit, dass ihr Produkt nach der Zulassung in 5-Dosis-Fläschchen erhältlich sein wird.

WHO besorgt

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beobachtet unterdessen einen Anstieg von Toten und Klinikaufent­halten im Zusammenhang mit Corona in mehreren Regionen. „Im Vorfeld der Wintersaison auf der nördlichen Erdhalbkugel beobachten wir weiterhin besorgniserregende COVID-19-Trends“, sagt WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus heute in Genf.

In den kälteren Monaten seien Menschen höheren Infektionsrisiken ausgesetzt, unter anderem, weil sie sich öfter in Innenräumen aufhielten, erklärte Maria Van Kerkhove, die oberste Corona-Expertin der WHO. Laut der UN-Organisation nehmen Sterbefälle in Teilen des Mittleren Ostens und Asiens zu. Auf dem amerikanischen Kontinent, in Europa und in Asien kommt es zu mehr Krankenhausaufenthalten. „Wir schätzen, dass derzeit Hunderttausende Menschen wegen Corona in Krankenhäusern behandelt werden“, sagte Van Kerkhove.

Tedros und Van Kerkhove riefen ältere Menschen und andere Risikogruppen dazu auf, bei Bedarf Auffrisch­impfungen in Anspruch zu nehmen. Laut Van Kerkhove schützen die aktuellen Impfstoffe auch bei Infektionen mit neueren Virus-Varianten vor schwerer Erkrankung und Tod. Von der Variante BA.2.86, die seit Mitte August unter besonderer Beobachtung der WHO steht, seien weltweit erst 42 Fälle aus 11 Ländern erfasst, sagte die WHO-Expertin.

hil/gie/afp/dpa

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