Ausland

Neuer Höchststand von Neuinfektionen in Frankreich

  • Freitag, 25. September 2020
/picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Daniel Cole
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Marseille – In Frankreich ist die Zahl der Neuinfektionen mit dem Virus SARS-CoV-2 auf rund 16.000 gestiegen und hat damit einen neuen Höchststand erreicht. Zugleich regt sich erstmals massiver Widerstand gegen die Coronamaßnahmen der Regierung.

Unter dem Motto „Rettet unsere Bars und Restaurants!“ gingen in der besonders betroffe­nen Stadt Marseille heute hunderte Gastwirte gegen die angekündigte Schließung ihrer Lokale auf die Straße. Der regionale Arbeitgeberverband warnte in einer Erklärung vor einem „wirtschaftlichen Lockdown“, denn Fitnessstudios und andere Einrichtungen sind ebenfalls betroffen.

Auch in anderen Landesteilen gibt es scharfe Proteste gegen die neuen Einschränkungen des öffentlichen Lebens, die rund ein Dutzend Großstädte betreffen, darunter auch Paris. Dort sind ab dem kommenden Montag unter anderem Versammlungen von mehr als zehn Menschen verboten und Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern. Für Bars und Restaurants gilt ab 22 Uhr eine Sperrstunde.

Gastronomen wehren sich

„Rettet unsere Arbeitsplätze, rettet unsere Unternehmen“, war auf einem Banner in Mar­seille zu lesen, wo die Gastwirte ihrer Wut Luft machten. „Der Kelch ist voll“, sagte ein Res­taurantbesitzer aus dem benachbarten Aix-en-Provence, der ebenfalls zumachen muss. „Wir waren gerade dabei, wieder auf die Beine zu kommen.“ Eine Reihe von Gas­tronomen haben angekündigt, sich der Anordnung der Pariser Zentralregierung zu wider­setzen. In Online-Netzwerken verbreiteten sich Aufrufe unter dem Hashtag #RESISTANCE (Widerstand).

Der Präsident der Region Provence-Alpes-Côte d'Azur, Renaud Muselier, will juristisch ge­gen die neuen Einschränkungen vorgehen. Er sieht in ihnen eine „kollektive Bestrafung“ für die rund 1,9 Millionen Menschen im Ballungsraum Marseille. Die Stadtverwaltung spricht von einem „Affront“. Sie kritisiert, die Pariser Zentralregierung habe die neuen Maßnahmen nicht abgesprochen.

Bisher hatte es in Frankreich kaum Straßenproteste gegen die Coronapolitik der Regie­rung gegeben. Grund ist womöglich die sehr hohe Zahl von 31.500 Todesfällen. Gesund­heitsminister Olivier Véran wollte heute Nachmittag das größte städtische Krankenhaus in Marseille besuchen. Er wurde bei der Demonstration symbolisch ausgebuht.

Marseille und sein Umland sind am stärksten von der zweiten Welle der Infektionen in Frankreich betroffen. Zuletzt wurden dort 281 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner registriert, fast das Sechsfache des Warnwerts. Die Regionalbehörden verweisen aller­dings darauf, dass die Zahlen seit einer Woche wieder leicht gesunken sind.

Landesweit verschärfte sich die Lage dagegen erneut: Binnen 24 Stunden wurden in Frankreich weitere 16.096 Menschen positiv getestet, wie die nationale Gesundheitsbe­hörde gestern Abend mitteilte. Das sind nochmals rund 2.400 Neuansteckungen mehr als beim bisherigen Höchststand vom vergangenen Samstag. Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 stieg binnen eines Tages um 52.

Experten weisen jedoch darauf hin, dass während der ersten Welle im März und April mangels Kapazitäten nur sehr wenig getestet wurde. Inzwischen sind es wöchentlich mehr als 1,2 Millionen Tests.

Die Wiedereröffnung von Cafés und Restaurants nach dem Lockdown Anfang Juni hatten viele Franzosen geradezu euphorisch gefeiert. Ihre erneute Schließung nährt die Ängste vor einer neuen landesweiten Ausgangssperre. Regierungschef Jean Castex appellierte im Fernsehen an die gemeinsame „Verantwortung“ der Franzosen. Er argumentierte, durch die verschärften Maßnahmen könne ein weiterer Lockdown vermieden werden.

afp

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