Neupatientenregelung erleichtert Versorgung, weiter Kritik an geplanter Streichung

Berlin – Eine hohe Zahl von Neupatienten ist ein Indikator für einen hohen Behandlungsbedarf – in Quartalen mit hohen Neupatientenzahlen sind auch die Fallzahlen in den niedergelassenen Arztpraxen erhöht. Auf diesen Zusammenhang hat das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) heute hingewiesen.
Hintergrund sind die Pläne der Bundesregierung, die Neupatientenregelung mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz zu streichen. Eine Analyse aller vertragsärztlichen Abrechnungsdaten der vergangenen Jahre zeigt laut Zi, dass die Zahl der Neupatientenfälle mit 27,1 Millionen im ersten Quartal 2022 die höchste seit Einführung der Regelung im Mai 2019 ist.
„Warum sollen sich Praxen in Zeiten, in denen ein ohnehin hoher Versorgungsbedarf herrscht, künftig besonders ins Zeug legen, wenn ihnen die für die Versorgung dieser Patientinnen und Patienten notwendigen Mittel bewusst und gezielt gekürzt werden?“, fragte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dominik von Stillfried.
Betrieben die Praxen künftig in einer vergleichbaren Situation Dienst nach Vorschrift, würden die Zugangsmöglichkeiten für nicht bekannte Patientinnen und Patienten darunter leiden, warnte er.
Auf eine soziale Härte, die mit der Streichung der Neupatientenregelung einhergehen würde, weist der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) hin – sie beträfe insbesondere Praxen in sozial oder strukturell benachteiligten Standorten.
„In diesen Stadtteilen gibt es besonders hohe Raten des Weg- beziehungsweise Zuzugs, entsprechend hoch ist dort der Anteil an Neupatienten“, sagte der SpiFa-Vorsitzende Dirk Heinrich. Außerdem gebe es in diesen Stadtteilen kaum Privatpatientenanteile oder Selbstzahler, mit denen sich Fehlbeträge im Budget der Praxen ausgleichen ließen.
„Damit träfe eine Streichung der Neupatientenregelung genau die Ärztinnen und Ärzte, die bereits weniger als ihre Kolleginnen und Kollegen haben und die Versorgung der Ärmsten der deutschen Bevölkerung übernehmen,“ kritisierte Heinrich.
Kritik an der geplanten Streichung kommt auch vom Deutschen Facharztverband (DFV). „Die Neupatientenregelung hat bei Ärztinnen und Ärzte dafür gesorgt, dass das Leistungsangebot für die medizinische Versorgung ausgeweitet und dafür in die Praxen investiert wurde“, sagte dessen Vorsitzende, Petra Bubel.
Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und andere habe die geplante Streichung der Neupatientenregelung in den vergangenen Tagen und Wochen immer wieder scharf kritisiert.
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