Nobelpreis für Chemie an drei Molekülforscher vergeben

Stockholm – Der Nobelpreis für Chemie geht in diesem Jahr an die Forscher Carolyn Bertozzi (USA), Morten Meldal (Dänemark) und Barry Sharpless (USA) für die Entwicklung von Methoden zum zielgerichteten Aufbau von Molekülen. Das teilte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften heute in Stockholm mit.
Bertozzi ist die erste Frau, der in diesem Jahr ein Nobelpreis zugesprochen wurde. Sharpless hatte bereits 2001 einen Nobelpreis für Chemie erhalten. Sharpless und Meldal haben dem Nobelkomitee zufolge die Grundlagen für die Click-Chemie gelegt. Sie teilen sich den Preis mit Bertozzi. Sie habe die Click-Chemie in eine neue Dimension gebracht und begonnen, sie für die Kartierung von Zellen zu nutzen. Zudem habe sie sogenannte bioorthogonale Reaktionen erforscht.
Das Konzept der Click-Chemie ermöglicht es, schnell und zielgerichtet Moleküle aus kleineren Einheiten zu synthetisieren. Click-Chemie kommt etwa bei der Entwicklung von Arzneimitteln, bei der Kartierung der DNA und bei der Herstellung von Materialien zum Einsatz, wie es hieß. Mithilfe bioorthogonaler Reaktionen haben Forscher etwa die Zielgenauigkeit von Krebsmedikamenten verbessert.
Der Verband der forschenden Pharmaunternehmen in Deutschland (vfa) wies heute darauf hin, dass beide prämierte Methoden „längst einen fest Platz im Instrumentarium der bio-medizinisch und pharmazeutisch arbeitenden Unternehmen und Institute errungen“ hätten. Die beiden verwandten Methoden hätten „große Bedeutung für die medizinische Forschung und die Entwicklung und Produktion von Arzneistoffen für Medikamente“.
Bioorthogonale Chemie ermöglichen es demnach, an ausgewählte Biomoleküle in einer Zelle Markierungen zu koppeln (die beispielsweise Fluoreszenzlicht aussenden können). Dadurch lässt sich die Aktivität und Bewegung der Biomoleküle unter dem Mikroskop verfolgen. Entscheidend ist dabei, dass die Kopplung mit Hilfe von chemischen Reaktionen geschieht, die lebende Zellen nicht selbst durchführen können und die ihre Lebensvorgänge auch nicht wesentlich stören. Das Verfolgen zellulärer Vorgänge, etwa der Bildung von RNA, ermögliche neue Erkenntnisse über Krankheiten.
Bioorthogonale Chemie könne zudem zur Herstellung eines besonderen Typs von Arzneistoffen für die Krebsmedizin verwendet werden: von Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten. Würden sie einem oder einer Erkrankten infundiert, bringe der biotechnisch hergestellte Antikörper einen kleineren Wirkstoff (oft einen natürlichen Giftstoff) gezielt zu den Tumorzellen, die angegriffen werden sollten. Gesunde Zellen blieben davon in wesentlichem Maße verschont, so der vfa.
Die renommierteste Auszeichnung für Chemiker ist in diesem Jahr mit insgesamt zehn Millionen Kronen (rund 920.000 Euro) dotiert. Die feierliche Übergabe der Preise findet traditionsgemäß am 10. Dezember statt, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel.
Seit 1901 wurde der Nobelpreis für Chemie an 187 verschiedene Forscher vergeben. Einer von ihnen, der Brite Frederick Sanger, erhielt ihn zweimal. Unter den Preisträgern waren bislang sieben Frauen, etwa Marie Curie 1911, die die radioaktiven Elemente Polonium und Radium entdeckte. 2021 ging der Preis an den deutschen Forscher Benjamin List und den gebürtigen Briten David W.C. MacMillan. Sie hatten eine raffinierte Methode zur Beschleunigung chemischer Reaktionen entwickelt.
Vorgestern war der Nobelpreis für Medizin und Physiologie dem in Leipzig arbeitenden schwedischen Forscher Svante Pääbo für seine Erkenntnisse zur menschlichen Evolution zugesprochen worden. Gestern wurden der Franzose Alain Aspect, der US-Amerikaner John Clauser und der Österreicher Anton Zeilinger für ihre Erkenntnisse in der Quantentechnik als Physik-Nobelpreisträger gekürt. In ihren bahnbrechenden Experimenten verhalten sich zwei Teilchen wie eine Einheit, selbst wenn sie getrennt und weit voneinander entfernt sind.
Morgen und übermorgen folgen die Bekanntgaben der diesjährigen Nobelpreisträger für Literatur und für Frieden. Die Reihe endet am kommenden Montag mit dem von der schwedischen Reichsbank gestifteten sogenannten Wirtschafts-Nobelpreis.
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