Österreichs Regierung und Hilfswerke für Pakt gegen Einsamkeit

Wien – Regierung und Hilfsorganisationen in Österreich streben einen Pakt gegen Einsamkeit an. Auf Vorschlag von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) berieten sie heute bei einem Runden Tisch gegen Alterseinsamkeit unter anderem Maßnahmen, um in der Coronapandemie ein sicheres Umfeld für Pflegeheime und Krankenhäuser zu schaffen.
Es gelte vorrangig, „das Virus zu isolieren und nicht die Menschen“, mahnte Österreichs Caritas-Präsident Michael Landau. Denn „wer den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken will, muss die Einsamkeit bekämpfen“. Er forderte einen eigenen Regierungsbeauftragten für das Thema. Länder wie England, Deutschland oder die Niederlande hätten bereits entsprechende politische Maßnahmen ergriffen.
Kanzler Kurz sagte, Alterseinsamkeit stelle schon jetzt eine Herausforderung für die Gesellschaft dar. Es gelte, ein „stärkeres Bewusstsein in unserer Gesellschaft“ für das Thema zu schaffen. Um auch während der Pandemie soziale Kontakte aufrechtzuerhalten, seien etwa bauliche Maßnahmen wie Plexiglasscheiben, Hygiene- und Besuchskonzepte sowie gezielte Testungen angezeigt.
Gesundheits- und Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) verwies auf veränderte Lebensstrukturen in den Städten wie etwa zunehmende Mobilität, die Einsamkeit förderten. Zivildienstministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) betonte, gerade in Zeiten der Pandemie sei es wichtig, Ehrenamtliche einzusetzen sowie Nachbarschaftshilfe zu stärken.
Caritas-Angaben zufolge hatten bereits vor der Pandemie rund 372.000 Menschen in Österreich niemanden für persönliche Gespräche. Zudem habe sich die Zahl der Single-Haushalte in den vergangenen 30 Jahren fast verdoppelt.
„Wenn wir Menschen nun in der Krise raten, ihre sozialen Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren, dann bedeutet das für viele, dass sie gar keine Sozialkontakte mehr haben“, warnte Landau. „Hier werden wir Antworten brauchen – etwa wenn es um die Abwägung zwischen Freiheit des Einzelnen und Schutz der Allgemeinheit geht“, forderte er mit Blick auf das viel kritisierte Besuchsverbot in Pflegeheimen.
Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser verwies auf Gesundheitsrisiken durch Einsamkeit, etwa Schwächung des Immunsystems, Depressionen, Schlaflosigkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Beschleunigung von Demenz. Der Pakt gegen Einsamkeit müsse auch Schüler und Studierende sowie Arbeitslose einbeziehen. Diese hätten sich laut statistischen Erhebungen während der Pandemie am häufigsten einsam gefühlt, so Moser.
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