Omicronsubvariante BA.5 schädigt Kardiomyozyten stärker

Ulm – Experimente an kultivierten humanen Herzmuskelzellen deuten darauf hin, dass die BA.5-Subvariante des Coronavirus SARS-CoV-2 eine höhere Infektiosität und zellschädigende Wirkung entfaltet als andere Subvarianten.
Die Wissenschaftler vom Institut für Molekulare Virologie des Universitätsklinikums Ulm führen diese Eigenschaften auf zusätzliche Mutationen im Spikeprotein zurück (Signal Transduction and Targeted Therapy 2022; DOI: 10.1038/s41392-022-01256-9).
Eine SARS-CoV-2-Infektion kann den menschlichen Organismus auf mehreren Ebenen nachhaltig schädigen. Hierzu gehören zum Beispiel langfristige Komplikationen des Magen-Darm-Trakts, Herz-Kreislauf-Systems und neurologischen Veränderungen.
Darunter zählen kardiale Beschwerden, wie Myokarditis, Herzinsuffizienz, Arrhythmie sowie Takotsubo-Kardiomyopathie (TCM) zu den klinischen Manifestationen, die schwer oder sogar tödlichen verlaufen können. Kardiomyozyten exprimieren den primären SARS-CoV-2-Rezeptor ACE2 und sind für die Virusreplikation besonders vulnerabel.
Um den Grad der Störanfälligkeit auf Kardiomyozyten abzuschätzen, wurden spontan schlagende, kultivierte Herzmuskelzellen mit 3 verschiedenen Coronaviren-Subvarianten (früher SARS-CoV-2-Stamm NL-02-2020, Delta B.1.617. 2 sowie frühe Omicron-Variante BA.1 und spätere BA.5)) infiziert und untersucht, wie stark sich die Viren vermehren beziehungsweise wie groß deren zellschädigende Wirkung ist.
Im Durchschnitt lag der Anteil viraler RNA der Stämme NL-02-2020 und Delta signifikant höher als BA.1. Darunter bedingte die Delta-Variante stärkere Zellschädigungen als NL-02-2020 und BA.1.Dementsprechend waren proinflammatorische Zytokine (v.a. IL-6 und IP-10) und Interferone (IFN-α2, IFN-γ und IL-8 ) 4 Tage nach der Infektion mit Subvarianten NL-02-2020 and Delta am höchsten. Erwartungsgemäß war die weniger aggressiv eingestufte frühe Omicron-Subvariante BA.1 deutlich weniger zellschädlich als die Varianten NL-02-2020 und Delta.
Weitere Untersuchungen mit der der späteren Subvariante BA.5 zeigten die größte Pathogenität: „Die damit infizierten Herzmuskelzellen hörten deutlich früher auf zu schlagen als Kulturen, die mit der frühen BA.1 Omicron-Subvariante infiziert waren. Das Ergebnis glich der Infektion mit der Delta-Variante – die Schläge stoppten nach 3 bis 5 Tagen“, schilderte Erstautorin Rayhane Nchioua, Doktorandin am Institut für Molekulare Virologie am Universitätsklinikums Ulm.
Zudem deuten neuere Erkenntnisse darauf hin, dass BA.5 nicht nur resistenter gegen neutralisierende Antikörper ist, sondern auch virulenter als BA.1, da es eine effizientere Replikation aufweist. Aktuelle Studien mit Tiermodellen zeigten ebenfalls eine höhere Pathogenität von BA.5 im Vergleich zu BA.1 und bestätigen die Ergebnisse dieser Arbeit. Inwiefern die Erkenntnisse auch beim Menschen relevant sind, müssen weitere Studien zeigen, geben die Studienautoren zu bedenken.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: