Ärzteschaft

Ophthalmologen raten von alleiniger Laserbehandlung zur Presbyopiekorrektur ab

  • Freitag, 30. September 2022
/picture alliance, BSIP, A. NOOR
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Berlin – Wer auf seine Lese- oder Gleitsichtbrille verzichten möchte, hat verschiedene Optionen zur Auswahl. Von einer alleinigen Laserbehandlung der Hornhaut zur Korrektur der Presbyopie, dem „Presbylaser“, raten Ex­perten auf der Pressekonferenz zum Jahreskongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) jedoch ab.

Auch die Kommission Refraktive Chirurgie (KRC) der DOG spricht sich gegen den „Presbylaser“ aus. „Bei dieser relativ neuen Methode werden multifokale Muster in die Hornhaut gelasert, um die Nahsicht zu verbessern“, erläuterte Maya Müller, Ärztliche Direktorin des Instituts für Refraktive und Ophthalmo-Chirurgie (IROC) in Zürich.

Das Verfahren sei noch nicht etabliert und weise große Nachteile auf. „Der Eingriff ist nicht rückgängig zu ma­chen, und die Möglichkeit einer späteren Implantation von multifokalen Linsen zur Therapie des Grauen Stars ist auch nicht mehr gegeben“, gibt die Ophthalmologin aus Zürich zu bedenken.

Auch Sehtraining zur Verbesserung des Nahsehens kommt aus Sicht der Fachgesellschaft nicht infrage – dabei handelt es sich um Übungen zur Verbesserung der Nahsicht, um Akkommodationsübungen. „Dazu gibt es keine verlässlichen Studien“, stellte Müller fest.

Die DOG-Expertin hat jedoch eine Erklärung für subjektiv empfundene Verbesserungen durch ein Sehtraining. „Der beginnende Graue Star kann über die Jahre hinweg leicht kurzsichtig machen“, so Müller. Diese Kurzsicht­ig­keit hätte einen positiven Effekt auf die Lesefähigkeit, was Betroffenen auf das Training zurückführen könnten.

Augentropfen spiegeln Bedarf an nicht-chirurgischen Lösungen

Eine neue Option könnten Augentropfen (Vuity, Allergan) bieten, die Ende 2021 in den USA gegen Alterssichtig­keit zugelassen wurden. „Bei dem Präparat handelt es sich um ein verdünntes Glaukom-Medikament, das die Pupille verengt und so die Nahsicht verbessert“, sagte Müller.

Die Tropfen eignen sich am besten im Alter zwischen 40 und 55 Jahren, ihre Wirkung soll mindestens sechs Stunden anhalten. Als Nebenwirkung können Kopfschmerzen auftreten, Autofahren im Dunkeln ist untersagt. 30 Tage Tropfen, die auf Rezept erhältlich sind, kosten etwa 80 US-Dollar. In Deutschland sind die Tropfen gegen Alterssichtigkeit noch nicht zugelassen.

„Die Tropfen zeigen, dass jenseits von Lesebrille und chirurgischen Eingriffen ein großer Bedarf an weiteren Korrekturmöglichkeiten für die Alterssichtigkeit besteht“, sagte Müller. Sie geht davon aus, dass weitere Pro­dukte folgen werden. Ihrer Meinung nach könnte der anfängliche Hype nach einiger Zeit wieder abnehmen, wenn das tägliche Augentropfen den Menschen ähnlich lästig wird, wie das Tragen der Brille.

Monovision als Alternative zur Lese- oder Gleitsichtbrille

Grundsätzlich stehen verschiedene Methoden zur Korrektur der Alterssichtigkeit zur Wahl. Lese- oder Gleitsicht­brillen können diese Alterssichtigkeit korrigieren, herausnehmbare Kontaktlinsen ebenfalls. Eine weitestge­hende Brillenfreiheit ermöglicht auch die Monovision.

Bei der Monovisions-Operation mit Laser oder auch mit Implantaten wird ein Auge auf Kurzsichtigkeit einge­stellt, so dass man lesen kann; das andere Auge sieht in der Ferne scharf. Etwa 60 Prozent der Patienten kom­men mit diesem Verfahren klar, erläuterte Müller. Ein Vorabtest mit Konatktlinsen sei daher anzuraten.

Option auf Linsentausch beim Grauen Star bleibt erhalten

Ein Vorteil der Monovision: Trotz der veränderten Hornhäute können die Augenärzte später noch Kunstlinsen einsetzen, sollte sich ein Grauer Star entwickeln. „Die beiden durch das Lasern veränderten Sehstärken über­tragen wir dann in die Kunstlinsen-Berechnung, dafür gibt es spezielle Formeln“, erklärte die DOG-Expertin.

Ähnliches gilt, wenn die Monovision erreicht wird, indem die Augenchirurgen zusätzliche Implantate (phake (Presbyopie-)Implantate) vor die natürliche Linse setzen.

„Trüben sich später die natürlichen Linsen durch den Grauen Star ein, können die Kontaktlinsen-Implantate wieder entfernt und die trüben Linsen dahinter durch eine Kunstlinse getauscht werden“, so Müller. Nachteil dieser Methode: Phake Implantate funktionieren meist nur für eine begrenzte Zeit, bis die Alterssichtigkeit fortschreitet. „Dann muss eine Lesehilfe her oder doch eine weitere Operation“, erläutert die DOG-Expertin.

Multifokallinsen plus Nachlasern

Eine weitere Variante, die Alterssichtigkeit zu korrigieren, stellen trifokale Multifokallinsen dar. Diese Art der Kunstlinse ersetzt nach einem ambulanten Eingriff dauerhaft die körpereigene Linse und kann Fehlsichtigkei­ten auf allen drei Sehdistanzen korrigieren – nah, mittel und fern. „Dafür müssen aber gute Ausgangsbedin­gungen vorliegen“, erläuterte Müller.

Sollten nicht korrigierbare Unregelmäßigkeiten der Hornhaut oder Netzhauterkrankungen an der Stelle des schärfsten Sehens bestehen, sei es besser, von multifokalen Kunstlinsen abzuraten.

Multifokallinsen können die Blendungsempfindlichkeit des Auges in der Dunkelheit erhöhen und das Kontrast­sehen reduzieren, vor allem aber Halos produzieren, kleine Lichtringe um Lichtquellen. In wenigen Fällen wer­den Multifokallinsen auch nicht vertragen und müssen ausgetauscht werden. Zum anderen kann trotz Linsen­implantation ein Nachlasern erforderlich werden, wenn beim Abheilungsprozesses eine geringe Fehlsichtigkeit verbleibt.

gie

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