Politik

Organisationen kritisieren Debatte um Leistungskürzung für Geflüchtete

  • Dienstag, 31. Oktober 2023
Geflüchtete ziehen in die Flüchtlingsunterkunft am früheren Flughafen Tempelhof in Berlin. /picture alliance, Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten, Dr. Fabian Bein
Geflüchtete ziehen in die Flüchtlingsunterkunft am früheren Flughafen Tempelhof in Berlin. /picture alliance, Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten, Dr. Fabian Bein

Berlin – Die Debatte um Leistungskürzungen für Geflüchtete nimmt weiter Fahrt auf. Heute haben mehr als 150 Organisationen sich auf die Seite der Asylsuchenden gestellt.

Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesjustizminister Marco Buschmann (beide FDP) hatten am Wochenende die Absenkung von Leistungen für Asylbewerber gefordert, unter Umständen sogar „auf null“. Zudem mahnten sie schnellere Asylverfahren an.

„Mit Bestürzung verfolgen wir die aktuelle politische Debatte über Asylsuchende“, heißt es in einem heute ver­öffentlichten Appell. Die Diskussion um Geflüchtete werde „zunehmend von sachfremden und menschen­feindlichen Forderungen dominiert“.

Der Appell wurde von Sozialverbänden, Flüchtlingshilfen, Anwaltsvereinen und Menschenrechtsorganisatio­nen unterzeichnet. Dem schlossen sich unter anderem Amnesty International, Oxfam, Save the Children, die Diakonie Deutschland, der Caritasverband und die Geflüchtetenorganisation Pro Asyl an.

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Dirk Wiese, zeigte sich zwar gesprächsbereit, warnte aber davor, „die Schraube immer weiter zu drehen“. Die Leistungen für Asylbewerber seien jetzt schon „auf recht niedrigem Niveau“, sagte er der Rheinischen Post. Sie müssten Geflüchteten in Deutschland aber ein menschenwürdiges Dasein ermöglichen.

Eine Anpassung der Leistungen für Asylbewerber könne hingegen Sinn machen, wenn ein Verfahren sehr lange dauert, sagte Wiese den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Ich würde das nicht von vornherein ausschließen, das muss man diskutieren.“

Scharfe Kritik an den Forderungen der FDP-Minister kommt von den Grünen. „Die in Artikel 1, Absatz 1 Grund­gesetz garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren“, sagte Fraktionschefin Britta Haßelmann der Rheinischen Post.

Dies habe das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil bereits 2012 festgestellt. Das Gericht habe damals zudem Leitlinien zur Menschenwürde und zum Existenzminimum von Asylbewerbern aufgezeigt, die es zu beachten gelte. „Deshalb wissen auch alle, wie rechtlich fragwürdig etwaige Kürzungen am Existenzminimum wären“, betonte die Grünen-Politikerin.

Buschmann bekräftigte hingegen seine Forderung. „Es kommen zu viele Menschen, die auf unseren Sozial­staat angewiesen sind“, sagte er der Bild. Bei der Höhe der Leistungen und der Dauer des Bezugs nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gebe es Spielräume, „die wir nutzen sollten“.

Der FDP-Politiker forderte zudem „eine neue Realpolitik mit Blick auf die irreguläre Migration nach Deutsch­land“. Ab sofort müsse die Devise „Besser machen!“ gelten statt „Wir schaffen das“, sagte er mit Bezug auf den Ausspruch der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) während der Flüchtlingskrise von 2015.

afp

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung