Organspende: Milde Hypothermie verbessert Nierenqualität

San Francisco – Die Absenkung der Körpertemperatur von hirntoten Patienten kann die Qualität der Organe für eine spätere Nierentransplantation verbessern. Dies zeigen die Ergebnisse einer randomisierten Studie im New England Journal of Medicine (2015; 373: 405-414).
Der Hirntod ist mit einer Reihe von Veränderungen im Kreislauf und im Immunsystem verbunden, die die Qualität der Spenderorgane beeinträchtigen können. Dazu zählen eine vermehrte Ausschüttung von Katecholaminen, die eine Vasokonstriktion und damit Minderdurchblutung auslösen, und die Freisetzung von Zytokinen, die die Endothelien der Blutgefäße beschädigen. Eine Folge ist die verzögerte Aufnahme der Nierenfunktion nach der Transplantation.
Viele Patienten müssen deshalb nach der Transplantation zunächst weiter dialysiert werden. Die guten Erfahrungen, die bei akuten Hirnverletzungen mit einer milden Hypothermie gemacht wurden, veranlassten Claus Niemann von der Universität von Kalifornien in San Francisco und Mitarbeiter, den Nutzen für die Transplantationsmedizin in einer randomisierten Studie zu untersuchen.
Seit März 2012 wurden potenzielle Organspender, bei denen ein Hirntod festgestellt worden war, nach dem Los auf zwei Gruppen verteilt. In einer Gruppe wurde die Körpertemperatur der Patienten auf 34 bis 35 Grad Celsius gesenkt. Das Kühlen wurde innerhalb von vier Stunden nach der Diagnose des Hirntods begonnen und bis zur Entnahme der Organe fortgesetzt. Die mediane Dauer war 16,9 Stunden. In der anderen Gruppe wurden die Patienten nicht gekühlt. Die Körpertemperatur lag zwischen 36,5 und 37,5 Grad Celsius.
Primärer Endpunkt der Studie war eine verzögerte Wiederaufnahme der Nierenfunktion nach der Transplantation. Diese Diagnose wurde im Studienarm mit milder Hypothermie bei 79 von 285 Patienten (28 Prozent) gestellt, in der Kontrollgruppe dagegen bei 112 von 572 Patienten (39 Prozent). Niemann und Mitarbeiter errechnen eine Odds Ratio von 0,62, die bei einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,43 bis 0,92 statistisch signifikant war. Am größten war der Vorteil bei Nierenspendern mit ECD-Kriterien (Expanded Criteria Donor: Alter über 60 Jahre oder Alter über 50 Jahre mit zwei Risikofaktoren wie Arterielle Hypertonie, Kreatinin über 1,5 mg/dl oder zerebrovaskuläre Todesursache).
Hier verminderte die milde Hypothermie den Anteil der Empfänger mit verzögerter Wiederaufnahme der Nierenfunktion von 56,5 auf 31,0 Prozent. Die Odds Ratio betrug hier 0,35 mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,17 bis 0,69.
Niemann glaubt, dass die milde Hypothermie die Kriterien für die Akzeptanz von Organspendern weiter erweitern und damit den Spenderpool vergrößern und die Wartezeiten der Patienten verkürzen kann.
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