Politik

Patientenzahlen in Dossiers lassen sich mit Versorgungsdaten validieren

  • Mittwoch, 5. August 2020
/ipopba, stock.adobe.com
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Berlin – Auch wenn Daten einer großen Krankenkasse nur eine Teilgruppe aller gesetz­lich Krankenversicherten darstellen, können sie genutzt werden, um Patientenzahlen in Dossiers zu validieren. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Qualität und Wirt­schaft­lichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in einer aktuellen Analyse.

Für die frühe Nutzenbewertung neuer Arzneimittel im Rahmen des Arzneimittelmarkt­neu­ordnungsgesetzes (AMNOG) müssen pharmazeutische Hersteller in ihren Dossiers un­ter anderem die Zahl der Patienten bestimmen, für die der neue Wirkstoff infrage komm­en könnte. Das ist wichtig, weil dies für die spätere Preisbildung relevant ist.

Dabei greifen die Hersteller häufig auf Abrechnungsdaten der Krankenkassen zurück, bei deren Auswertung das IQWiG manchmal andere Patientenzahlen ermittelt als der Her­stell­er selbst. Darüber hinaus sind die Auswertungsverfahren der Hersteller laut IQWiG „oft nicht transparent genug dargestellt“.

Das IQWiG hat jetzt in drei ausgewählten Indikationsgebieten, für die in der Vergangen­heit Dossiers zur frühen Nutzenbewertung von Wirkstoffen eingereicht wurden, unter­sucht, ob sich Versorgungsdaten einer großen Krankenkasse (der Barmer) nutzen lassen, um damit die Berechnungen der Patientenzahlen besser nachzuvollziehen.

Die Wissenschaftler entwickelten dafür nicht nur die Methodik und schätzten die Patien­tenzahlen für die Indikationen pulmonale arterielle Hypertonie (PAH), Asthma bronchiale und chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), sondern verglichen auch die Zahlen aus der eigenen Analyse mit denen der Dossiers.

Im Ergebnis lassen sich die Daten zwar nutzen. Einschränkungen gibt es laut IQWiG aber dennoch. Eine Voraussetzung für die Nutzbarkeit von Versorgungsdaten sei „die eindeu­tige Abgrenzbarkeit von Patientengruppen durch die in den Datensätzen enthaltenen In­formationen“, schreibt das IQWiG.

Da im Datensatz der Barmer allein abrechnungsbegründende Umstände und abrech­nungs­relevante Leistungen repräsentiert seien, sei diese Voraussetzung „nicht immer er­füllt“. „Besonders das Erfassen einer Erkrankung durch eindeutige Diagnose-Codes ist da­her wichtig für die Nutzbarkeit von Versorgungsdaten.“

Auch ist der Arbeitsaufwand derzeit noch zu hoch, um die Art der Auswertung regelhaft im AMNOG-Verfahren anzuwenden. Allerdings könne eine Standardisierung die Bearbei­tung in künftigen AMNOG-Dossierbewertungen beschleunigen. So wären durch das IQ­WiG selbstinitiierte Schätzungen zu Patientenzahlen „auch unabhängig von laufenden Dossierbewertungen denkbar“.

In vorherigen Arbeitspapieren hatte das IQWiG bereits in ähnlicher Weise Datensätze des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) und des Zentrums für Krebsregisterdaten (ZfKD) analysiert. Diese Daten seien aber weniger aktu­ell und enthielten „deutlich weniger differenzierte Leistungsdaten als die Versorgungs­da­ten einer Krankenkasse“. Darüber hinaus sei die Analyse verfahrenstechnisch umständlich und langwieriger.

Nicht passend seien auch Daten des Zentrums für Krebsregisterdaten im Robert Koch-Institut (RKI), das die Daten anonymisiert von den Krebsregistern der Bundesländer er­hal­te. Diese Daten lieferten lediglich epidemiologische Angaben zur Diagnose individueller Krebserkrankungen zum Zeitpunkt der Neumeldung. Überdies erfassten noch nicht alle deutschen Landeskrebsregister die neu aufgetretenen Erkrankungen vollzählig. Der Auf­wand der Auswertung sei „gegenwärtig zu hoch“, um ihn regelhaft im Dreimonatszeit­raum des AMNOG-Verfahrens durch das IQWiG auszuwerten.

may/EB

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