Patientenzahlen in Dossiers lassen sich mit Versorgungsdaten validieren

Berlin – Auch wenn Daten einer großen Krankenkasse nur eine Teilgruppe aller gesetzlich Krankenversicherten darstellen, können sie genutzt werden, um Patientenzahlen in Dossiers zu validieren. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in einer aktuellen Analyse.
Für die frühe Nutzenbewertung neuer Arzneimittel im Rahmen des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) müssen pharmazeutische Hersteller in ihren Dossiers unter anderem die Zahl der Patienten bestimmen, für die der neue Wirkstoff infrage kommen könnte. Das ist wichtig, weil dies für die spätere Preisbildung relevant ist.
Dabei greifen die Hersteller häufig auf Abrechnungsdaten der Krankenkassen zurück, bei deren Auswertung das IQWiG manchmal andere Patientenzahlen ermittelt als der Hersteller selbst. Darüber hinaus sind die Auswertungsverfahren der Hersteller laut IQWiG „oft nicht transparent genug dargestellt“.
Das IQWiG hat jetzt in drei ausgewählten Indikationsgebieten, für die in der Vergangenheit Dossiers zur frühen Nutzenbewertung von Wirkstoffen eingereicht wurden, untersucht, ob sich Versorgungsdaten einer großen Krankenkasse (der Barmer) nutzen lassen, um damit die Berechnungen der Patientenzahlen besser nachzuvollziehen.
Die Wissenschaftler entwickelten dafür nicht nur die Methodik und schätzten die Patientenzahlen für die Indikationen pulmonale arterielle Hypertonie (PAH), Asthma bronchiale und chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), sondern verglichen auch die Zahlen aus der eigenen Analyse mit denen der Dossiers.
Im Ergebnis lassen sich die Daten zwar nutzen. Einschränkungen gibt es laut IQWiG aber dennoch. Eine Voraussetzung für die Nutzbarkeit von Versorgungsdaten sei „die eindeutige Abgrenzbarkeit von Patientengruppen durch die in den Datensätzen enthaltenen Informationen“, schreibt das IQWiG.
Da im Datensatz der Barmer allein abrechnungsbegründende Umstände und abrechnungsrelevante Leistungen repräsentiert seien, sei diese Voraussetzung „nicht immer erfüllt“. „Besonders das Erfassen einer Erkrankung durch eindeutige Diagnose-Codes ist daher wichtig für die Nutzbarkeit von Versorgungsdaten.“
Auch ist der Arbeitsaufwand derzeit noch zu hoch, um die Art der Auswertung regelhaft im AMNOG-Verfahren anzuwenden. Allerdings könne eine Standardisierung die Bearbeitung in künftigen AMNOG-Dossierbewertungen beschleunigen. So wären durch das IQWiG selbstinitiierte Schätzungen zu Patientenzahlen „auch unabhängig von laufenden Dossierbewertungen denkbar“.
In vorherigen Arbeitspapieren hatte das IQWiG bereits in ähnlicher Weise Datensätze des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) und des Zentrums für Krebsregisterdaten (ZfKD) analysiert. Diese Daten seien aber weniger aktuell und enthielten „deutlich weniger differenzierte Leistungsdaten als die Versorgungsdaten einer Krankenkasse“. Darüber hinaus sei die Analyse verfahrenstechnisch umständlich und langwieriger.
Nicht passend seien auch Daten des Zentrums für Krebsregisterdaten im Robert Koch-Institut (RKI), das die Daten anonymisiert von den Krebsregistern der Bundesländer erhalte. Diese Daten lieferten lediglich epidemiologische Angaben zur Diagnose individueller Krebserkrankungen zum Zeitpunkt der Neumeldung. Überdies erfassten noch nicht alle deutschen Landeskrebsregister die neu aufgetretenen Erkrankungen vollzählig. Der Aufwand der Auswertung sei „gegenwärtig zu hoch“, um ihn regelhaft im Dreimonatszeitraum des AMNOG-Verfahrens durch das IQWiG auszuwerten.
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