Vermischtes

Pflege: AOK-Bundesverband für mehr Datennutzung und Vertragsgestaltungs­möglichkeiten

  • Dienstag, 19. September 2023
Kai Behrens, Antje Schwinger und Sabine Richard. /DÄ
Kai Behrens, Antje Schwinger und Sabine Richard. /DÄ

Berlin – Abrechnungsdaten der Kranken- und Pflegekassen sollten künftig verstärkt zur Weiterentwicklung der medizinischen und pflegerischen Versorgung genutzt werden. Dafür sprach sich heute Sabine Richard, Ge­schäftsführerin Versorgung im AOK-Bundesverband, aus. Um die Qualität in der Langzeitpflege voranzubrin­gen, sei zudem mehr Handlungsspielraum bei regionalen Vertragsinstrumenten erforderlich.

Eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) auf Basis von Abrechnungsdaten aller elf AOK Pflege- und Krankenkassen hatte deutliche regionale Unterschiede in der Versorgungsqualität von Pflege­heim­bewohnern zutage gefördert.

So zeigt die von Antje Schwinger, Forschungsbereichsleiterin Pflege beim WIdO, vorgestelle Untersuchung zum Teil erhebliche Schwankungen – beispielsweise bei Klinikeinweisungen von Demenzkranken wegen Flüssigkeitsmangel, problematischen Dauerverordnungen von Beruhigungsmitteln oder vermeidbaren Krank­hausaufenthalten am Lebensende – auf.

Demnach liegt der Anteil der Pflegeheimbewohnenden mit einer Dauerverordnung von Benzodiazepinen,-derivaten und Z-Substanzen (also Schlaf- und Beruhigungsmittel) in einer Spannbreite von 0,75 Prozent bis zu 25,2 Prozent. Beim Anteil vom demenzerkrankten Pflegeheimbewohnenden mit dehydrationsbedingtem Kran­kenhausaufenthalt bewegt sich die Spanne laut WIdO-Analyse zwischen 0,44 und 12,46 Prozent – trotz Risiko­adjustierung, wie Schwinger betonte.

Sie verwies darauf, dass in der gesetzlichen Qualitätssicherung in der Pflege anders als im SGB V die Nutzung von Sozial- beziehungsweise Routinedaten bisher nicht vorgesehen ist. Die WIdO-Analyse veranschauliche aber das große Potenzial dieser Daten zur Messung und Weiterentwicklung der Versorgungsqualität. Dieses Potenzial müsse genutzt werden, so der Appell Schwingers.

Angesichts des „fragmentierten deutschen Gesundheitswesens“ mit Schnittstellen zwischen Pflege und medi­zinischer Versorgung, könne man bestehende Versorgungsdefizite nur gemeinsam lösen, betonte Richard. Da­bei sei die Nutzung von Daten „absolut notwendig“, um das Qualitätsmanagement voranzubringen.

Zudem brauche man auch Möglichkeiten, solche Datenauswertungen routinemäßig dafür nutzen zu können, Versorgungsangebote weiterzuentwickeln und Versicherte gezielt über Versorgungsangebote zu informieren. Der AOK-Bundesverband begrüße daher, dass das Gesundheitsdaten-Nutzungsgesetz (GDNG) die Möglichkei­ten der Kranken- und Pflegekassen zum Versorgungsmanagement auf Basis vorliegender Versichertendaten erweitert.

Um die regionalen Handlungsspielräume bei der Vertragsgestaltung, insbesondere für sektorenübergreifende Ansätze, zu vergrößern, habe man bereits entsprechende Vorschläge gemacht, so Richard. Das von Bundesge­sundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigte Versorgungsgesetz, welches solche Themen adres­sieren soll, lasse jedoch auf sich warten.

Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats (DPR), erklärte anlässlich der WIdO-Zahlen, die Studie mache deutlich, dass eine bessere Zusammenarbeit zwischen Pflegefachpersonen und weiteren Heilberufen erforderlich sei. „Die rechtlichen Grundlagen für die Heilkundeausübung durch Pflegefachpersonen nach pflegewissenschaftlichen Standards müssen kommen.“

Die Zusammenarbeit zwischen der Profession Pflege, den Ärzten und den Krankenhäusern müsse „auf Augen­höhe neu strukturiert werden“, wolle man einen ungehinderten ganzheitlichen Versorgungsprozess, so Vogler.

„Der AOK Pflege-Report zeigt einmal mehr, wie wichtig eine starke Standesvertretung für die Pflege ist“, sagte Kordula Schulz-Asche (Grüne), Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestages. Pflegeberufekammern seien in der Lage, sich für bessere Versorgungsqualität, Bedingungen und Kompetenz in der Pflege einzusetzen.

Die erheblichen regionalen Qualitätsunterschiede in der Pflege seien „nicht hinnehmbar“. Aus Sicht von Schulz-Asche werde hier deutlich, dass Pflegebedürftige die Folgen von herausfordernden Arbeitsbedingungen und Kompetenzunterschieden zu spüren bekommen.

aha/nfs

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