Politik

Pflege: Spahn will mehr Personal, Grüne bringen Flüchtlinge ins Spiel

  • Montag, 30. April 2018
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Berlin – Zur Linderung des Pflegenotstands will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das Personal in den Pflegeheimen über die im Koalitionsvertrag vereinbarten 8.000 zusätzlichen Stellen hinaus aufstocken. „Mein Ziel ist, dass in jeder der 13.000 stationären Altenpflegeeinrichtungen in Deutschland zusätzliches Personal ankommt“, sagte er dem Spiegel. Der Minister will im Mai den Entwurf für ein Pflege-Sofortprogramm vorlegen. „Wir haben in der Pflege nicht mehr viel Zeit“, sagte Spahn.

Der Gesundheitsminister sprach von einer „gefährlichen Vertrauenskrise“, die er beobachte. „Viele Pflegende glauben nicht daran, dass wir Politiker wissen, was los ist, und dass wir die Kraft haben, etwas zu ändern“, sagte Spahn. Im vergangenen Jahr fehlten nach früheren Angaben der Bundesregierung in der Altenpflege 14.785 Fachkräfte und 8.443 Helfer.

Nur Pflegestellen zu schaffen, reicht nicht

SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach mahnte, die Ankündigung, über 8.000 Stellen hinaus Jobs zu schaffen, werde nicht reichen. Notwendig seien auch eine bessere Bezahlung und eine Reduzierung der Arbeitsbelastung in der Pflege. Die Koalition hatte sich neben den Zusatzstellen auch eine Bezahlung nach Tarif, attraktivere Arbeitsbedingungen und eine Stärkung der Ausbildung auf die Fahnen geschrieben.

Aus Sicht der Grünen gehen die Pläne Spahns nicht weit genug. Die pflegepolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Kordula Schulz-Asche, forderte ein Pflege-Sofortprogramm mit 50.000 neuen Stellen in der Alten- und Krankenpflege. Denn an Personal mangelt es nicht nur in der Alten-, sondern auch der Krankenpflege: 2017 fehlten in diesem Bereich 10.814 Fach- und 1.413 Hilfskräfte.

Für die Kliniken plant Spahn deshalb ebenfalls Sofortmaßnahmen. Jede neue Pflegestelle, die Krankenhäuser einrichten und besetzen, sollen die Krankenkassen künftig komplett bezahlen. Im Koalitionsvertrag ist bereits eine Reform der umstrittenen Fallpauschalen für Kliniken vorgesehen. Spahns neuer Vorstoß soll für die Übergangsphase gelten.

Um die Situation für Pflegebedürftige zu ändern, schlugen die Grünen ein Bleiberecht für Flüchtlinge vor, die in der Pflege arbeiten. „Wir brauchen eine reguläre Aufenthaltsgenehmigung für Pflege- und Helferberufe als Einstieg in ein Einwanderungsgesetz“, sagte Parteichef Robert Habeck. Es brauche mehr als nur eine Duldung für die Zeit der Ausbildung. Damit bekämen Flüchtlinge einen Anreiz, sich zu qualifizieren und einer sinnvollen Beschäftigung nachzugehen.

AfD und FDP kritisieren Grüne

AfD-Parteichef Alexander Gauland nannte den Vorschlag Habecks absurd. Es gebe mehr als ausreichend Pflegekräfte in Europa, sagte er. „Flüchtlinge, die in diesem Bereich in Ausbildung sind, allein deswegen nicht abzuschieben, ist lediglich ein weiteres Hintertürchen, um illegale Migranten in Deutschland zu belassen.“

Die FDP-Pflegeexpertin Nicole Westig lehnte ein generelles Bleiberecht für Flüchtlinge in der Pflegeausbildung ab. Der Fachkräftemangel lasse sich nicht nach dem Motto „Pflege kann jeder“ begegnen. Sinnvoller sei es, den Bildungserfolg mit einer Bleibeperspektive zu verknüpfen.

Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) bezeichnete es heute als richtig, bei Vorliegen der sprachlichen und qualifikatorischen Voraussetzungen auch Geflüchtete für Pflegeberufe zu gewinnen. Daran einen eigenen Aufenthaltsanspruch zu knüpfen, hält der Minister aber gerade im Interesse der zu Pflegenden für kontraproduktiv. „Pflegebedürftige sollten von Menschen gepflegt werden, die diesen Beruf auch wirklich ausüben wollen – nicht von solchen, die dazu gezwungen sind, weil ihr Aufenthaltsstatus daran hängt.“ Grundsätzlich bedürfe es verbesserter Bedingungen, um genug Fachkräfte für die Pflege zu gewinnen und sie im Beruf zu halten.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz sagte hingegen, zur Lösung des Pflegenotstands seien auch kreative Ideen gefragt. „Wer als Flüchtling heute schon empathisch seinen Dienst leistet, der soll auch ein Bleiberecht in Deutschland haben“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Einschränkend sprach er von einem „gefährlichen Lockruf für Jedermann“. Bei Schreinern und Schlossern seien Geschick und Professionalität gefragt, die Pflege brauche darüber hinaus aber auch Einfühlungsvermögen.

dpa

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